Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Manche Spieler haben eine interessante Herkunft und haben diese in einer eigenen Geschichte festgehalten

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Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Mi, 18. Okt 2006 13:00

Die Flucht

”Wenn ihr wollt bringe ich euch von hier weg” Die Worte klangen lange in ihren Ohren nach. Man wollte sie hier wegbringen, fort von der Insel, auf der Flosar sich niemals so frei bewegen konnte wie sie selbst. Fort von hier, aufs Festland, wo sie endlich näher bei ihm sein konnte. Raissa hatte der Fremden, die einen Dämon mit sich führte, gezeigt was sie war, hatte sie sehen lassen, was nicht einmal Flosar wusste. Dennoch wollte sie ihr helfen, von hier zu fliehen. Ihr Herz begann zu rasen und das Blut rauschte in ihren Ohren. Noch ehe sie sich klar wurde was sie da gesagt hatte, hatte sie schon zugestimmt und befand sich mit der Fremden auf dem Weg zu dem Tor, das sie wegbringen würde.

Sie war vorsichtig, denn sie wusste um die Monster die überall um das Tor herum lauerten. Dennoch… Sie schaffte es mit der Hilfe der Fremden. Erleichtert trat sie durch das Mondtor… und verlor ihre Orientierung. Wo war sie hier gelandet? Neugierig sah sie sich um, betrachtete die Schilder neugierig und beschloss dann, sich nach Vesper aufzumachen. Vielleicht würde sie ihn dort finden, oder zumindest einen Boten, der ihm sagen konnte wo sie war, damit er nicht vergeblich auf Jhelom nach ihr suchte.

Das erste was ihr auffiel, als sie die Stadt betrat war das Gedränge. Stadtschreier und Händler drängten sich um sie herum, und unwillkürlich hielt sie den Beutel der die wenigen Habseligkeiten enthielt die sie mitgenommen hatte etwas fester. Nachdrücklich drängte sie die Händler von sich weg und näherte sich einem kleinen, verwahrlost wirkenden Jungen.

„Grüsse Kleiner. Kennst Du einen Mann mit dem Namen Flosar?“ fragte sie das Kind halblaut und erst als der Junge strahlend nickte lächelte sie kurz. „Gut. Willst Du ihm eine Nachricht bringen?“ Wiederum nickte der Junge und sie begann ihm eindrücklich klarzumachen, was er Flosar sagen sollte. Sie drückte ihm einige Münzen in die schmutzige Hand und so schnell wie er nur konnte rannte der Junge davon.

Raissa blickte sich mit einem grimmigen Lächeln um. Große Städte boten viel Macht, es würde besser sein sie in Zukunft zu meiden.

Der Tag verging ereignisreich, sie lernte viele Menschen kennen, und noch sehr viel mehr, was ihr in der kommenden Zeit nützlich sein würde, doch ihre Gedanken waren bei den Dingen, die sie Flosar würde sagen müssen. Als es Abend wurde begab sie sich zu dem Treffpunkt den sie dem kleinen Jungen mitgeteilt hatte und wartete.

Sie sah ihn nicht kommen, und erst als ihr Name an ihre Ohren drang wandte sie sich um, erblickte ihn und näherte sich ihm eilig. Er hatte ihr so sehr gefehlt. Erst als er sie umarmte und fest an sich zog, wich die Angst dass er nicht kommen würde von ihr und sie war bereit, ihm zu sagen was gesagt werden musste.

Lange Zeit saßen sie auf dem Baumstamm und er hörte ihr zu, erfuhr, was sie war, wer sie war, woher sie kam und was ihr bisheriges Leben ausgemacht hatte. Doch trotz all dieser Dinge blieb er bei ihr. „Selbst wenn du eine halbe Lich wärst würde ich dich lieben“ Kein Wort der Welt hätte ihr mehr bedeuten können, als dieser eine Satz. Er liebte sie, ebenso wie sie ihn, und zusammen würden sie es schaffen, den Teil von ihr zu vertreiben, der eine Gefahr für ihn darstellen konnte. Sie war glücklich, und nichts schien dieses Glück trüben zu können.

Er brachte sie ins Orkdorf, in seine Heimat, und er sagte auch, dass es von nun an ihre Heimat sein könnte, wenn sie es wollte. Sie wollte. Nie wieder würde sie lange von ihm getrennt sein, nie wieder den Gefahren und Schrecken dieser Fremden Welt, dieser fremden Menschen ausgesetzt sein, die so anders waren als sie selbst. Als sie sich tief in der Nacht vertrauensvoll an ihn schmiegte, seinen Arm spürte, der sich um ihre Taille legte, wurde ihr zum ersten Mal klar, was all das bedeutete.

Er war Familie, die sie niemals gehabt hatte, er war ihr Freund dem sie vertrauen konnte und er war derjenige, der sie liebte, dem es gleich war, was sie war, woher sie kam, solange sie nur den weiteren Weg mit ihm ging. Sie lernte, das sie lieben konnte, dass sie nicht das war, was alle glaubten, sie lernte, dass ihre Heimat da war, wo ihr Herz sich befand. An seiner Seite.
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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Do, 19. Okt 2006 10:40

Der Antrag

Einige Tage waren seit ihrer Flucht von der Insel Jhelom vergangen, und in den Grundzügen waren alle Tage gleich verlaufen. Dennoch war jede Minute dieser Tage etwas Besonderes für Raissa, die ihre Zeit mit Flosar verbringen konnte. Wenn sie morgens erwachte küsste sie den schlafenden Flosar sanft auf die Wange und verließ dann leise den Raum. Sie wusch sich, kämmte die wilden Locken und band sie fein säuberlich mit einem Lederband zusammen. Mit einem leichten, verträumten Lächeln sammelte sie alles zusammen was sie für die Arbeit im Freien brauchen würde, und verließ dann das Haus.

Manchmal dauerte es einige Stunden, manchmal nur wenige Minuten bis er ebenfalls nach Draußen kam und sich auf den Baumstamm vor dem Haus setzte um ihr zuzusehen. Helfen konnte er ihr nicht, aber er konnte bei ihr sein, und das war für Beide das wichtigste. Oftmals nahmen sie ihre Mahlzeiten im Freien ein, dicht aneinander gekuschelt auf dem Baumstamm sitzend, und bald fühlte sich Raissa im Orkdorf zuhause. Was machte es schon, dass sie selten hier heraus kam, solange sie nur ihn hatte.

Dennoch bemerkte Raissa nach einigen Tagen, dass Flosar sich veränderte. Immer wieder ging er nervös ins Haus, kramte in einigen Kisten herum oder fasste sich hastig an die Tasche, als habe er Angst, etwas verloren zu haben. Immer öfter kam es vor, dass er den Mund öffnete, als wollte er etwas sagen, ihn dann aber wieder schloss, als wollten die Worte nicht so recht heraus. Sie konnte es nicht wirklich verstehen. Doch jedes Mal wenn er sie anlächelte, vergingen ihre Zweifel wie im Flug.

Eines Morgens jedoch, meinte Flosar dass sie endlich einmal aus dieser Einsamkeit hier heraus kommen müssten, zum Handel treiben und um andere Städte zu besuchen. Fröhlich lachend sattelten sie die Pferde, saßen auf und trabten alsbald in Richtung Vesper davon.

Raissa wollte nicht, dass er sie in die Stadt begleitete. Zuviel Angst hatte sie, dass die Wachen ihn gefangen nehmen, ihn gar töten würden. Aber Flosar wäre nicht Flosar gewesen, wenn er sie schutzlos an einem wie auch immer gearteten Ort zurückgelassen hätte, und so folgte er ihr, im Schutz von Schatten und Hauswänden. Es waren nur wenige, kleine Handelsgespräche in Vesper notwendig, ehe sie sich wieder von der Stadt abwenden und weiter nach Minoc, und anschließend nach Cove reiten konnten.

Sie war glücklich an seiner Seite, und als sie den Hengst in einen raschen Jagdgalopp trieb, da konnte sie auch die Schmerzen in ihrem Inneren eine Weile vergessen. Es war ein schöner, unbeschwerter Ausflug, sie trabten und galoppierten nebeneinander her, lachten einander zu, und wenn sie durch Stadtgebiet mussten, dann taten sie es eilig und vorsichtig.

Erst in Cove kamen sie zur Ruhe, suchten sich einen ruhigen Platz und nahmen sich Zeit füreinander. Stunden vergingen, in denen sie die Zweisamkeit genossen und aneinander Halt und Trost fanden. Sie waren miteinander verbunden, der eine ein Teil des anderen, und Raissa konnte sich nichts vorstellen, was dieses Gefühl noch verstärkt hätte, doch da fragte er leise, kaum hörbar. „Raissa… Willst Du… meine Frau werden? Irgendwann?“ Sie schluckte kurz, doch dann lächelte sie ihn verliebt und glücklich an. Ja, sie wollte, und sie sagte es ihm auch.

Erst als der filigrane Ring sich kühl und als ungewohntes Gewicht an ihrem Finger bemerkbar machte, wurde ihr wirklich klar, was er ihr, was sie ihm, versprochen hatte. Ein Gelöbnis bis ans Ende. Sie würden es nicht bereuen, das schwor sie sich innerlich, als sie sich auch in dieser Nacht dicht an ihn kuschelte und glücklich einschlief.
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Alltag kehrt ein

Beitragvon Raissa Nadeira » Fr, 20. Okt 2006 12:36

Alltag kehrt ein

Alltag kehrte langsam aber sicher in das Haus im Orkdorf ein, und von Tag zu Tag fühlte Raissa sich dort heimischer. Die Veränderungen im Haus waren nur klein, kaum wahrnehmbar, und doch, sie waren da, sie würden auch in Zukunft dort sein, wenn man wusste, wo man danach suchen musste. Ein vergessenes Lederband hier, eines von der Sorte, mit denen sie sich beim Tränke mischen die Haare zurück band, an einer anderen Stelle vielleicht eine kleine, rasch hingeworfene Skizze, die den Ausblick aus einem Fenster zeigte. Ein Raum in dem keine Spinnweben mehr waren, dafür der Geruch nach frischen und getrockneten Kräutern überall im Haus. Es war der gleiche Geruch, der sie ständig umgab, ein Geruch von frischem, nassem Grün, nach feinen Heilkräutern und solchen, die in der Küche gebraucht wurden.

Raissa hatte begonnen, ein Buch anzulegen, und Flosar wusste es. Er hatte sie beobachtet, wie sie die Zeichnungen der einzelnen Pflanzen anfertigte, eintrug was sie zum wachsen brauchten, welcher Teil der Pflanze zu welcher Tageszeit geerntet werden musste um die bestmögliche Wirkung zu erzielen. Und natürlich die Anwendungsgebiete. Er lächelte, wie immer wenn er sah, mit welchem Feuereifer sie arbeitete, doch er wusste auch, dass sie in diesem Haus nicht den Platz hatte, den ihr Beruf brauchte, den sie selbst brauchte. Irgendwo, tief in seinem Herzen erahnte Flosar, das sie nur seinetwegen da war.

Sie stand in einem der Beete. Mais und Flachs wuchsen ihr bis zu den Schultern herauf, auf der anderen Seite sah er die feinen roten Blüten von Ginseng, die kleineren, unscheinbaren Blätter der Alraune. Sie summte leise vor sich hin während sie den Pflanzen die wenigen reifen Früchte abnahm, die nicht von Vögeln und anderen Tieren angefressen waren. Sorgfältig steckte sie die rohen Alraunen und den Ginseng in einen separaten Beutel, denn der Mais war für die Küche gedacht, und der Flachs für die fremde Magierin, die ihr bei der Flucht geholfen hatte. Raissa war stets genau, wenn es um ihre Arbeit ging.

Dennoch blickte sie auf, lächelte ihm zärtlich zu und setzte sich kurz darauf neben ihn, streckte den Rücken durch und stöhnte kurz auf, als die steifen Muskeln begannen sich wieder zu dehnen. Sie spürte seine Blicke auf sich und sah ihn fragend an. Was hatte er nur? Eine Frage. Gab es eine Möglichkeit, den unangenehmen, den gefährlichen, unnormalen Teil von ihr unschädlich zu machen, vielleicht sogar zu vernichten? Raissa hatte eine solche Frage kommen sehen, sie hatte gewusst, dass sie eines Tages fallen musste. Natürlich gab es Möglichkeiten, die gab es immer. Am einfachsten war die Methode, den Teil an die Oberfläche zu lassen und ihn mit Magie zu töten. Der kleine Nachteil daran wäre, dass sie einen nicht unerheblichen Teil ihres Erinnerungsvermögens, ihrer Persönlichkeit und nicht zuletzt ihrer Zurechnungsfähigkeit einbüssen würde. Wenn sie überhaupt überlebte.

Die zweite Möglichkeit war nicht ganz so einfach, doch sie bot nur die Möglichkeit zu siegen oder zu unterliegen. Das war die Möglichkeit, die sie gewählt hatte, die Möglichkeit, mit der er nun leben musste.

„Es gibt eine Möglichkeit. Ich muss sie herausfordern und besiegen. Du kannst nichts tun aber… Wenn ich versage, musst du mich töten.“ Sie sprach die Worte, ruhig, gelassen, denn sie wusste, worauf sie sich einließ. Viel schwerer wog, dass sie auch wusste, was sie von ihm verlangte. Sie wusste er würde zaudern, würde es nicht tun wollen, doch es musste sein. Wenn sie versagte, dann würde nichts von dem übrig sein, was er liebte, nichts in ihr würde sein wie es war. Sie durfte nicht versagen, sie konnte nicht versagen, denn eine Kraft stand ihr zur Verfügung, die der andere Teil ihrer Seele nicht nutzen konnte. Die Liebe zu Flosar.

Er stimmte zu. Schweren Herzens, aber auch er wusste, was auf ihn zukommen würde, wenn er den dunklen Teil am Leben ließ. Wenn sie unterlag würde sie kein Mensch mehr sein, am wenigsten die Frau die er liebte. Das würde es einfacher machen hoffte er.

Ihr Gespräch wandte sich anderen Dingen zu, vor allem der Errichtung eines weiteren Hauses, der Einrichtung und der Frage, wo man denn bauen sollte. Für Raissa stand es außer Frage dass sie im Orkdorf bleiben würden, denn wenn es ihr zuviel wurde, dann würde sie mit Magie in eine andere Stadt gehen können und sich einfach erholen. Ihm stand dieser Weg nicht offen, und frei bewegen konnte er sich in keiner der anderen Städte. Nein, für Raissa gab es diese Diskussion nicht.

Bis in den späten Abend hinein brüteten sie über Einrichtung, Bauweise, Aufteilung und möglichem Bauplatz des Hauses. Draußen auf dem Baumstamm sitzend genossen sie dabei die Nähe des anderen, die frische, kühle Nachtluft und die Vorfreude auf weiche, warme Felle, die die Nachtluft mit sich brachte. Als sie sich auf diesen schließlich zusammen rollten, standen beide Monde schon hoch am Himmel und strahlten ihr silbernes Licht über die Landschaft.
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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Mo, 23. Okt 2006 15:45

Zwischenspiel – Der erste Kampf

Ich lebe. Geschwächt, halb tot, aber noch lebe ich. Ich habe den ersten vieler Kämpfe gewonnen, mich selbst besiegt, wo ein Sieg unmöglich schien. Gierig sauge ich die Luft in meine von Flammen geschundenen Lungen, zart fahren meine Fingerspitzen über die zerschnittene Haut. Ich lebe. Ramponiert und am Rande des Bewusstseins, aber ich lebe.

Er nähert sich mir, vorsichtig, zögernd. Er hat Angst, ich kann es riechen, schmecken, fühlen. Ich kann es in seinem Herzschlag und im Rauschen seines Blutes hören. Die verbotene Lust überkommt mich erneut, Lust nach Blut. Seinem, und auch nach meinem. Ich will ihn packen, ihn zerfetzen und mit meinen eigenen Händen wieder heilen. Ich will ihm Schmerz zufügen und ihn mit sanften Berührungen wieder lindern, doch ich tue nichts davon. Ich liege nur am Boden, blutüberströmt und bleich.

Mein Blut rinnt aus meinen Adern, bildet wunderschöne Linien auf dem Schnee der meine Haut ist. Triumph macht sich in mir breit. Ich habe gesiegt, und sie ist noch geschwächter als ich. Ich sehe zu ihm auf. Wildes Flackern in meinem Blick, und doch unverkennbar ich selbst. Er erkennt es, atmet erleichtert auf. Ich zittere. Mir ist so furchtbar kalt. Er deckt seinen Mantel über mich, doch es hilft nichts, denn die Kälte dieser Welt nach der Hitze in meinem inneren verzehrt mich.

Meine Augen schließen sich. Ich kann ihn riechen, hören, meine Sinne sind schärfer denn je. Mir wird klar was ich tue, was es bedeutet, denn mit jedem Kampf den ich gewinne, töte ich sie ein Stück weit und mache sie mir zu Eigen. Nicht mehr ich bin die Sklavin, sondern sie. Die innerlichen Ketten lockern sich ein wenig, der Hunger nach Blut lässt ein wenig nach.

Ich spüre wie er mir einen Becher an die Lippen hält, schmecke den erdigen Geschmack nach Ton. Gebrannte Erde, gebrannter Leib. Ich schlucke. Automatisch, kann es nicht kontrollieren. Er ist froh. Ich höre wie er aufatmet, höre sein murmeln. „Ich lasse dich nicht sterben.“ Es verwundert mich. Ich habe nicht vor zu sterben. Doch ich bin erschöpft… So unendlich erschöpft.

Seine Hände gleiten an mir entlang, er hebt mich auf. Die Welt bewegt sich, er trägt mich zurück ins Haus, bettet mich auf die Felle. Ein Keuchen dringt über meine Lippen, ich kann es nicht zurückhalten. Mein ganzer Körper schmerzt. „Ich liebe dich.“ Die Worte sind nur gehaucht, doch er hört sie. Seine Antwort dringt nicht mehr an mein Bewusstsein, denn ich sinke in den tiefen, dunklen Abgrund der Bewusstlosigkeit.

Ich falle. Tiefer und tiefer, bis ich nichts mehr sehen kann als die düstere Schwärze die vom Anbeginn der Welt stammt. Hier ist kein Licht, kein Klang, hier ist nichts. Ich bewege mich, doch es geht nicht weit. Ketten rasseln laut, ein schriller Missklang in der Stille. Meine Stirn runzelt sich und ich versuche die Schwärze zu durchdringen.

Eine fremde Stimme spricht zu mir. „Diese Ketten sind deine Liebe zu dem Sterblichen. Gib ihn auf und du bist frei.“ Ich denke nach. Liebe legt mir Ketten an. Es stimmt, das weiß ich. Dennoch erwidere ich deutlich „Ich will nicht, denn diese Ketten trage ich freiwillig und mit stolz“. „Du bist seine Sklavin“ antwortet die Stimme belustigt. „Er hält dich fest, kettet dich an. Mach dich von ihm frei… Du wirst es nicht bereuen.“

Doch. Ich werde es bereuen. Wie zum Zeichen meiner Ablehnung beginne ich, die Grenzen meiner Ketten zu prüfen, stelle fest, dass sie nicht mehr sind, als ein zarter Seidenfaden der mich einspinnt wie eine schützende Hülle. Ich kann mich bewegen, wenn ich es nur vorsichtig genug tue.

„Nein. Er kettet mich nicht an und versklavt mich nicht. Er ist mein Schutz, mein Schild und mein Herz. Niemals will ich mich frei machen, denn wenn ich das tue, dann kann ich mir gleich eine Klinge ins Herz stoßen. Ich bin nicht wie Du. Ich bin ich.“
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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Di, 24. Okt 2006 14:01

Gedankengänge

Wie dunkel muss die Welt werden
Bis wir in der Finsternis
Das Licht eines Menschen erkennen
Der anders ist als es scheint?



Dunkle Augen schwimmen in einem Meer aus Tränen. Sie hat geträumt, wie sie es so oft tut, doch diesmal sind die Träume anders. Die Vergangenheit beobachtet sie, und das ist niemals gut. Dennoch richtet sie sich auf, denn in ihrem Leben gibt es etwas, das die Vergangenheit nicht kennt. Hoffnung… Flosar.

Ihre Liebe zu ihm wird mit jedem Tag inniger, ihr Vertrauen in ihn wächst, und dennoch ist ihr bewusst, dass dieses Vertrauen ineinander noch häufig auf die Probe gestellt werden wird. Es werden noch viele Kämpfe folgen, Kämpfe, in denen sie sich verändern wird, um schlussendlich ein Mensch zu sein, wie alle anderen. Ein Mensch, der in sich Licht und Schatten trägt, die Saat zu Gut und Böse.


Licht kann nur sein
Wo die Dunkelheit herrschte
Denn sonst würde niemand
Bemerken dass es Licht ist



Sie betrachtet das Spiel von Licht und Schatten auf ihm. Immer war sie anders gewesen, schon in ihrer Heimat. Dem Namen nach gehörte sie dem Volk der Teufler, dem Wüstenvolk an, und so war sie auch aufgezogen worden, doch niemand der sie sah, konnte ernstlich annehmen, dass sie GANZ zu diesem Menschenverachtenden Volk gehörte. Die Haut, die bei den anderen Teuflern von einem dunklen Braun bis zu leuchtendem Dämonenrot reichte, war bei ihr weiß wie frisch gefallener Schnee. Wo die Augen der Teufler für gewöhnlich einen dunklen Rotstich aufwiesen, waren ihre nur kohlrabenschwarz. Das glatte Haar ihres Volkes war auf ihrem Haupt widerspenstig gelockt und mit keinem Mittel zu bändigen. Der größte und entscheidende Unterschied war allerdings ihre Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden.

Raissa hatte sich niemals Gedanken um ihre Herkunft gemacht. Man hatte ihr gesagt, sie sei dem Wüstenvolk zugehörig, und sie hatte ja auch einen Dämonen in sich, also glaubte sie es. Inzwischen allerdings machte sie sich immer mehr Gedanken. Warum war sie so anders, sowohl im Volk der Menschen, als auch im Volk der Teufler war sie eine Ausgestoßene. Nach einer langen Zeit jedoch, hört sie auf darüber nachzudenken. Sie ist vor allem sie selbst, gleich wer ihre Eltern waren.


Ich falle
Doch Du fängst mich auf
Ich weine
Doch Du bist da und tröstest mich
Ich war allein
Doch nun bist du bei mir.



Sie blickt ihn wieder an, genießt die Welle von Zärtlichkeit, die sie durchflutet. Er sagt sie hat gesprochen als sie im Delirium lag. Sie hat gesprochen, das weiß sie. Er hat gehört was sie getan hat, dass sie sich für ihn entschieden hat, als sie sich dem ersten der Dämonen in ihren Träumen gestellt hat. Er versteht nicht, denn er kennt die Vorteile, die der Dämon ihr gibt. Was soll sie mit Vorteilen die bedeuten, dass sie ihn nicht lieben darf? Nein, sie will die Vorteile und Geschenke des Dämons nicht. Sie will ihn… nur ihn…
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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Mi, 25. Okt 2006 12:39

Sehnsüchte und Zärtlichkeiten

She walks on the moonlit snow
She´s winterhearted, so you say
But you don´t see


Stumm wandert sie durch die Nacht, eine leichte, feengleiche Gestalt die sich von dem frischen Schnee nur geringfügig abhebt. Ihr Blick hebt sich zu dem verdunkelten Himmel und das sanfte Licht der Sterne verleiht den schwarzen Augen einen silbrigen Schimmer. Die langen Locken werden von einem Windstoß erfasst, umwehen ihren kleinen Körper wie ein wilder Schleier aus Finsternis.

Stets gilt sie als kalt, als gefühllos, aber wie können sie das behaupten? Wer von ihnen kennt sie, um entscheiden zu können, ob man ihr trauen kann oder nicht? Törichte Menschen. Ihre Augen sind das Fenster zu einem Kerker, in dem ihr Wesen in Ketten liegt, in Ketten aus Zwang, Moral und Anpassung. Sie will diesen Kerker nicht mehr. Die kleinen Fäuste ballen sich etwas fester und sie richtet sich auf.

Ihr Profil wirkt wie das einer Statue aus längst vergessenen Zeiten. Schneeweiß, wie frisch gemeißelter Marmor und ebenso reglos steht sie dort, am Rande des Flusses und starrt ins Universum hinauf, die Gedanken bei längst vergessenen Leben. Stille verheißt vergessen, und Vergessen ist es, was sie sucht.

Sie ist ein heller Fleck in der Dunkelheit, und zugleich bei Tage ein dunkler Fleck in all dem Licht. Sie ist das Zwielicht, ist der Schatten, den niemand sehen will, da er das zeigt was in ihnen allen lebt. Törichte Menschen.


She´s a dancer on the glass
That´s broken like her past
She would never flee



Ihr Leben hier ist wie ein wilder Tanz auf Scherben. Sie weiß, dass sie unerwünscht ist, zumindest bei den Meisten. Wer würde es ihnen verübeln, sah man doch deutlich wie wenig „normal“ sie ist. Auch ihre Vergangenheit war ein solcher Tanz, stets war sie anders, nicht wie man es sich gewünscht hatte.

Trotzig verziehen sich die Lippen zu einem Schmollmund als sie der Dunkelheit ein leises „Warum?“ entgegen haucht. Würde sie denn niemals Ruhe finden, niemals so sein können, wie andere Frauen ihres Alters? Wild schüttelte sie den Kopf. Sie würde nicht davon laufen, dieses Mal nicht. Hier war er. Und wo er war, da würde auch sie sein, bis das Rad des Lebens sich weiter gedreht hatte, und ihrer beider Körper zu Asche zerfallen waren.

Davon zu laufen war Feigheit, und in dieser Hinsicht hatte sie zu wenig menschliches in sich. Raissa kannte keine Angst, wenn es nicht um Flosar ging. Er allein vermochte es, dass sie sich sorgte, dass sie vor Angst fast starb, wenn es auf Jagd oder an die Arbeit ging. Sie kannte seinen Beruf, und so wusste sie auch, wohin er ging wenn er sie in der Dämmerung verließ und nur ein weicher Kuss sie über seine Abwesenheit hinwegtröstete.

Sie floh nicht. Nicht dieses Mal und nie wieder.


Fascination is her name

She is dancing in the wind
Almost dancing everything
Every moment of her life
She is taking me with her
With the music in her heart
She is breaking every ice



Leicht hebt sie die Arme. Es ist eine tänzerische, leichte Bewegung. Sie bietet sich an, den herrschenden Göttern, dem Universum, dem Sein. Jede Geste schrie laut heraus „Hier bin ich, kommt und holt mich wenn ihr es vermögt“. Das Glitzern ihrer Augen wird stärker, trotziger.

Es war eine Herausforderung an die Vergangenheit, die lauerte, wartete, bis sie eines Tages nicht aufmerksam genug sein würde, denn dann würde sie sie heimsuchen und versuchen sie zu vernichten. Raissa wusste genau was auf sie zukam, niemand floh und konnte damit rechnen, für immer unbehelligt zu bleiben.

Ihre Gedanken tanzen auf den stürmischen Windböen, ihre Blicke verlieren sich in der unendlichen Weite, fasziniert von all dem, was sie dort sehen, spüren, wahrnehmen kann. Sie lebt, und doch lebt sie nicht wirklich. Noch nicht. Noch gehört ihre Seele nicht ihr, doch sie sprengt die ersten Ketten, die sie halten. Nie wieder wird sie sich auf das verlassen, was man ihr vorschreiben will.


She is talking with the world
A far-traveled bird
Her soul´s her home



Sie spürt die Schreie der geschändeten Erde. Sie hört die Rufe all der gefallenen in diesem sinnlosen Kampf zwischen Licht und dunkel. Sie spricht mit den Geistern der Vergangenheit, einer Vergangenheit, vor der sie weit geflohen ist. Ihre Seele öffnet sich, und zum ersten Mal in all den Monden bittet sie die Vergessenen herein.

Sie erinnert sich an jedes einzelne Gesicht. Neryos, ihr Bruder, ihr lieber Bruder… Ebenso wenig abgrundtief Böse wie sie selbst, doch mit mehr Banden an das alte Leben gebunden. Er hat ihre Worte länger gehört als sie. Sein Gesicht steht deutlich vor ihren Augen, ebenso glatt wie das ihre, umrahmt von glattem, schwarzem Haar. Sie kann die Narben sehen die ihn verunstaltet haben, kann seine Schönheit vergehen sehen. Dann tritt er beiseite, macht all denen Platz, die noch kommen müssen.

Devictamos, ihr Lehrmeister, ein Freund in den Tagen als sie gehänselt wurde. Er wollte dass sie sein war, sein allein. Niemand sollte sie berühren, sie nur ansehen dürfen. Sie hörte sein Lachen, grausam und kalt wie die ewige Dunkelheit, doch nicht ihr gegenüber. Die ewige Klinge, stets scharf, niemals ruhend. Sie machte ihren Frieden mit ihm.

Sira Rej, Priesterin des Dämonenkönigs. Sie hatte sie unterwiesen, in all den Grundzügen der Alchimie, hatte ihre Seele immer wieder gepeinigt, sie gequält um den Dämonen in ihr zu erwecken und dabei versagt. Sevilin duldete kein Versagen und so würde Sira zu leiden haben, weil Raissa geflohen war.

Nacheinander traten all die Blutswächter vor ihr inneres Auge, und mit jedem machte sie ihren Frieden. Sie waren Vergangenheit, Teil eines Lebens, das nicht das ihre war. Dann trat Flosar vor ihr Auge und wieder wurde ihr klar, dass sie ihre Heimat gefunden hatte. Sie war dort, wo die seine war.


See how light are all her moves
Just follows her own rules
But she is not alone


Als sie sich vom Fluss abwendet sind ihre Bewegungen leicht, befreit. Sie ist friedlich, sie spürt, dass sie zuhause ist. Wen kümmerte schon, dass man ihr nicht traute. Wen sollte es schon kümmern, dass sie unerwünscht war.

Er liebte sie, er wollte sie, er begehrte sie, und so würde sie bleiben, über alle Zeiten, bis zum Ende. Sie hatte die erste Kette gebrochen, nun würde sie nach den Regeln leben, die sie sich selbst auferlegt hatte.

Wenn sie tanzte, würde sie selbst den Zeitpunkt, den Ort und die Musik bestimmen, denn sie lebte nur noch für ihn und für sich selbst. Ihr Körper richtete sich auf, und kurz blieb sie zwischen den Bäumen stehen, eine helle Silhouette vor dem dunklen Hintergrund des Waldes, und genau das war ihr Wesen.

Weder Licht noch Dunkelheit, sie war beides, und sie würde es stets sein.


OOC-Anmerkung: Die englischen Texte zwischendurch stammen aus dem Lied “Dancer” von Xandria, ich kann und will darauf also keine Ansprüche anmelden ;)

Kommentare sind natürlich erwünscht.

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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Leatherka aus Minoc » Mi, 25. Okt 2006 19:06

Wuahhhh *voll einschlaf*
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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Mi, 25. Okt 2006 19:13

Ich zwinge dich nicht es zu lesen wenn ich mich recht erinnere...
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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Mo, 30. Okt 2006 19:40

Berufung

Wer bin ich? Was bin ich? Wohin gehöre ich? Ich sehe… Ich sehe die Dunkelheit, ich will in sie hinein tauchen, doch ich vermag es nicht, die Dunkelheit hat keinen Platz für mich. Was bin ich? Ich sehe in das helle Sonnenlicht, ich versuche mich darin zu baden, doch es verbrennt meine Haut, brennt mich zu Asche mit seinem gnadenlosen Schein.

Wer nur, wer bin ich nur, warum finde ich weder diesseits noch jenseits meine Ruhe, warum habe ich keinen Platz, an den ich gehöre. Meine Seele schreit auf, gepeinigt vor Erinnerung, gequält durch einen Schmerz, den kein Gott zu heilen vermag.

In meinen Träumen sehe ich ihn wieder. Sein Leib ist dunkelgrün geschuppt und in seinen Augen leuchten die Weltenfeuer hell und ohne Gnade. Wie majestätisch, wie wunderschön ist er, wie weise sieht er auf mich herab… Mein Schmerz vergeht, denn ich bin bei ihm, ich bin geborgen, ich bin nur ich selbst.

Dunkel erklingt seine Stimme. Ich höre das brechen von Eis und das dumpfe poltern eines Erdrutsches darin, doch zugleich höre ich das sanfte Singen einer Nachtigall, das leise, unhörbare Geräusch das eine Rose macht, wenn sie voll erblüht. Ich höre ihm zu.

„Raissa, hör mir zu. Du bist weder Sonnenschein, noch bist Du Finsternis, dein bestreben weder Gut, noch ist es Böse. Du hältst dich für einen Widerspruch in sich, doch sieh…“

Mein Blick wendet sich auf Pergon, und als der Drache es bedeutet, scheint ein Mensch ganz nah zu sein. Er hilft einem verwundeten Mann auf die Beine, staubt ihn ab.

„Eine gute Tat, nicht wahr Raissa? Doch zuhause schlägt er seine Frau und seine Kinder verstecken sich vor Angst. Auch er trägt Gut und Böse in sich, wie auch Du, doch er kann es nicht beherrschen. Diese Lektion hast du gelernt, meine Raissa.“

Ich falle auf die Knie und kann meine Stimme nicht kontrollieren. Leise spreche ich die Worte, die mein Herz mir eingibt.

„Du bist weder Gut, noch bist Du böse, denn DU bist. Dein ist die Welt und alles was in ihr Lebt, in deinem Feuer werde ich vergehen und wieder geboren werden, bis das Rad des Schicksals sich nicht mehr dreht und mein Karma sich erfüllt.

An dich binde ich meinen Leib und mein Leben, deiner Weisheit gelte mein Streben, solange ich lebe.“

Dann wache ich auf.
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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Di, 31. Okt 2006 11:14

Gezeichnet

Der Tag war sehr anstrengend, und kaum dass ich neben Flosar auf die Felle sinke, falle ich auch schon in wirre, verwirrende Träume. Ich schreite durch kahles, ödes Land und wieder erwartet mich Drache am Horizont. Meine Schritte sind eilig, hastig beinahe und die Steine reißen mir die Fußsohlen auf, doch ich spüre keinen Schmerz. Für mich gilt nur, so schnell wie möglich zu ihm zu gelangen.

Dann stehe ich wieder neben ihm, spüre die Hitze des geschuppten Leibes, die Hitze, die all meine Ängste verbrennt. In ihm bin ich sicher und geborgen, denn sein ist alles was lebt. Ich warte auf ein Zeichen, dann strecke ich die Hand aus, berühre seine seidigen Schuppen und werde mir bewusst, wie klein und bedeutungslos ich neben seiner Pracht bin. „Du hast nach mir verlangt.“ Meine Worte sind leise, kommen nicht aus meinem Verstand, sondern tief aus meinem Herzen. Er hat nach mir verlangt, ich spüre seinen Ruf auch wenn ich wach bin immer deutlicher, kann mich ihm nicht mehr entziehen.

„Ja. Ich habe nach dir verlangt. Hör zu, sieh hin und lerne. Lerne, meine Raissa, denn lernen ist der erste Schritt zur Weisheit. Wisse dass es nicht gut und böse gibt, dass es nur Begriffe sind, die die Menschen brauchen um in ihrem kleinen Leben einen Halt zu haben. Für mich gibt es nur Taten, und für jede Ursache eine Wirkung. Neutralität bedeutet nicht, sich aufzuschwingen zum Richter über gutes und böses, sondern zu beobachten, abzuwägen und das Gleichgewicht zwischen Hell und Dunkel zu bewachen.“

Seine lodernden Augen blicken mit einem gutmütigen Spott auf mich herab. Wie mechanisch nicke ich, denn ich weiß dass er in seiner Weisheit recht hat. Wer ist der Mensch dass er zu urteilen vermag, auf welcher Seite ein anderer Mensch steht. Was dem einen eine gute Tat ist, das ist mit dem Gewissen des anderen nicht zu vereinen.

„Was sind die Menschen anderes als Kinder, unreif und unverständig in ihrem kurzen Leben. Was ist ein Menschenleben mehr, als eine Sekunde in der Ewigkeit, die ich lebe, im Angesicht des Universums das geschaffen wurde und niemals vergehen wird?“

Er deutet erneut auf Pergon und fragt dann leise „Was siehst Du, Dämonenmädchen? Was siehst du in dieser Welt, in diesen Menschen?“

„Ich sehe deinen Leib in der Erde, dein Blut im Wasser, deinen Atem im Feuer. Ich sehe deine Gedanken in allem was Lebt und deine Weisheit in den Stunden die weder Hell noch dunkel sind. Ich sehe alles was dir zur Ehre gereicht, denn wo Licht ist muss auch dunkel sein, und wer im Zwielicht wandelt vermag zu sehen.“

Meine Antwort scheint ihn zufrieden zu stellen, denn die Spitze des langen Schweifes schlingt sich sanft um meinen Leib. Kurz durchzuckt mich ein Schmerz ob der Hitze, doch als er sich von meinem Körper löst, schlängelt sich ein eleganter, wunderschöner Drache von meinen Lenden über den Rücken, die Schulter bis hin zur Brust.

„Dieses Mal wirst du wissen wenn du erwachst, denn Du bist mein. Du bist mein und ich rufe dich. Höre zu Raissa, höre stets zu und lerne, denn im lernen liegt die Weisheit nach der Du strebst.“

Als ich erwache windet sich noch immer der Drache über meinen Körper und ich schmiege mich lächelnd und wissend an Flosar. Er hatte recht.
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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Mi, 13. Dez 2006 14:21

Nirdana. Stadt der Intrigen, Stadt des Verrates, wo ein Dolch im Rücken eines Fremden nur ein Mittel ist, um an Gold oder andere Reichtümer zu gelangen. Kaum eine Stadt auf Pergon vereint das kleingeistige Bürgertum so gut mit dem Chaos wie Nirdana. Ich habe nun fast ein Jahr dort gelebt, ein Jahr, in dem sich Lachen und Tränen stetig miteinander vermischt haben. Doch nun ist es lange her, dass ich die Häuser von Nirdana das letzte Mal gesehen habe.

Sanftmut und Freundschaft sind Begriffe, die in dieser Welt von dem geprägt werden, was man gerade braucht, und selten überlebt eine Freundschaft einen der vielen Mordaufträge die mit jedem Tag vermehrt durch die Gassen der Stadt getragen werden. Man lernt, die verborgenen Dolche zu sehen, oder man stirbt. So einfach ist das Leben in Nirdana, der Stadt, die ich einst Zuhause nannte.

Als ich ankam, brannten meine Augen in dämonischem Feuer, zeigten so deutlich was ich war, dass es unmöglich war zu übersehen, was in mir steckte, und was ich mit Flosars Hilfe mühsam in Schach gehalten habe. Dann wich das Feuer meiner Augen der Leere, die all jene Menschen erfüllt, die niemals die Anwesenheit von etwas gespürt haben, was nicht von dieser Welt ist, was man nicht verstehen kann. Es hielt nicht lange an, denn im gleichen Maße, in dem ich mich Drache zuwandte, nahm das Feuer in meinem Innersten zu, umso heller leuchteten meine Augen in seinem Feuer. Eine Metamorphose hatte begonnen, die ich weder kontrollieren, noch in irgendeiner Form steuern konnte.

Der Drache der meinen Körper schmückt wurde zu einem Teil meiner Seele, ein entfliehen aus der Berufung, das verleugnen meiner Seele war nicht mehr länger möglich. Ich war, was ich nun einmal war. Drache zeigte mir deutlich seine Kraft, denn er hatte mir ein Kind geschenkt, und es wieder zu sich genommen, noch ehe es seinen ersten Atemzug getan hatte. Unser Sohn wurde Monate vor seiner Zeit geboren, und nun, Monde danach, frage ich mich, ob es nicht das Beste für das Kind war. Nirdana ist kein Ort, an dem ein Kind seine Unschuld lange behalten kann.

Flosar und ich verkrafteten den Verlust niemals ganz, und so entfernten wir uns voneinander, ohne es wirklich zu wollen. In mir wurde der Ruf des Drachen immer stärker, ich konnte mich dagegen niemals wirklich wehren. Als ich endlich begann, zu akzeptieren wohin ich gehörte, begann die Veränderung. Ich konnte das magische Netz sehen, das die Welt umspannt, und das jeder Magier manipuliert, um die Wirklichkeit der Welt zu seinem Nutzen zu verändern, doch im gleichen Maße verlor ich meine magische Macht. Die dunklen Runen drangen nicht mehr über meine Lippen, und die ehemals geschickten Hände, jedenfalls wenn es um den Umgang mit Reagenzgläsern und Mörser ging, wurden zu heilenden Händen. Meine Magie veränderte sich, wurde mehr und mehr vom Dasein des Drachen geprägt und erneut stand ich am Beginn eines Weges, von dem ich nicht wusste, wohin er mich bringen würde.

Nach und nach begann ich zu akzeptieren, was ich war und wozu ich berufen war, doch ich forschte allein auf meinem Weg, ohne Brüder oder Schwestern, die mich lehren konnten. Der einzige Lehrer den ich jemals hatte, war Drache, der mich in meinen Träumen besuchte und mir meinen Weg erleuchtete. Ich wurde zu einem Teil von ihm, so wie er zu einem Teil von mir wurde. Das Blut das meine Adern durchfließt ist zu Feuer geworden, einem Feuer, dass ich nicht zu löschen vermag, einem Feuer, das nichts zu löschen vermag. Meine Kraft nahm zu, und doch trat ich auf der Stelle, denn ich war allein. Berufen vielleicht, doch ich war allein.

Dann kam der Tag, an dem ich Seiphtos kennen lernte, den Mann, der mir zu einem Mentor werden sollte, der sein Wissen über den Drachen mit mir teilte, so dass meine Überzeugung, mein Glauben an den Drachen, sich mit all dem vermischen konnte, was er mich lehrte. Ich hatte nun endlich den wahren Sinn meiner Berufung entdeckt, und erneut stand ich am Anfang des Weges, doch nun lag er klar vor mir. Es war der Weg der Drachenpriesterin. Wie lange werde ich gehen müssen, um an sein Ende zu gelangen?
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Re: Raissa Nadeira - Charstory Fortlaufend

Beitragvon Raissa Nadeira » Do, 15. Mär 2007 14:45

Nachdenklich starrte Raissa auf den bewusstlosen Mann vor sich auf dem Boden. Sie hasste den Umstand dass sie keinen Blutwein mehr trinken konnte und nun auf das Blut betrunkener Männer angewiesen war, aber langsam bekam sie Übung darin. Der Junge vor ihr war kaum älter als sie selbst gewesen war, bis sie sich verändert hatte. Und er hatte den gleichen Schmerz gelitten, den sie nun durchlitt. Das Blut von Verliebten schmeckte besser, aber das Blut eines unglücklich Verliebten, der mehr als nur bereit war, es ihr freiwillig zu geben, schmeckte einfach atemberaubend. Ihre Zunge glitt leicht über ihre Lippen, leckte die letzten Tropfen Blut auf, ehe sie sich erhob, geschmeidig, fließend. Ihr Blick glitt noch einmal über ihn, mitleidig beinahe. Er erinnerte sie an ihn. Jedes ihrer Opfer erinnerte sie an ihn. In den letzten Monaten hatte sie eine Vorliebe für Männer entwickelt, die ihm so ähnlich sahen, dass sie sich für die wenigen Minuten die notwendig waren ihr Opfer zu verführen einreden konnte, dass er es war. Nur war er es nicht, schon wieder nicht. Mit einem traurigen Lächeln wandte sie sich ab. Er fehlte ihr.

Wie lange war das zwischen ihnen nun her? Ein Jahr? Zwei? Raissa wusste es nicht mehr, und seit sie die Zeit nicht mehr am Stand der Sonne maß, ein Tag für sie nicht mehr war, als ein Atemzug, war es auch nicht mehr wirklich wichtig. Das einzige, was noch zählte war der Schmerz, der sie jeden Tag aufs Neue überrollte, sie daran erinnerte, das sie einen Teil ihrer Seele verloren hatte, und kurz darauf einen weiteren Teil freiwillig aufgegeben hatte. Ihre Schritte waren langsam, doch sie hatte auch keine Eile. Niemand würde auf sie warten, dort wo sie hinging, und der kleine Körper, den sie zu besuchen gedachte war wohl schon längst vergessen. Dennoch liebte sie ihren Sohn, seinen Sohn. Als sie an dem üblichen Rosenstrauch vorbei kam, brach sie eine weiße Rose davon ab, wie sie es immer tat. Von hier aus war es nicht mehr weit, bis an den Ort, an dem sie die Zeit überbrücken würde.

Lächelnd kniete sie neben dem Grab nieder, legte die Rose darauf ab und schloss die Augen. Manchmal, wenn sie sich genug konzentrierte, dann konnte sie den Jungen unter ihrem Herzen spüren, wie er sich bewegte, heranwuchs. In solchen Momenten verging die Zeit wie im Flug und die Erinnerungen hüllten sie ein, nahmen sie in Schutz. Ausgerechnet sie, die sich selbst schutzlos fühlte, spürte wieder den Drang dieses kleine Wesen zu beschützen, das einst in ihr gelebt hatte. Langsam rann eine einzelne blutige Träne über ihre Wange und benetzte schließlich die trockene Erde des Grabs. Langsam erhob sich Raissa und schlug den ebenso vertrauten Weg zum Heilerkreis ein. Dort würde sie sich entspannen können, vergessen, zumindest für einige Stunden. In den Lehren des Drachen gab es nichts über ihn, über sie… Es gab nur Weisheit, die Weisheit, nach der sie strebte und die sie suchte. Was war die Liebe eines Mannes gegen die unendliche Liebe des Drachen?

Sie hatte sich schon längst in ihre Schriften vertieft, als eine vertraute Stimme sie aus ihren Gedanken riss. Vertraut und doch fremd. Sie hatte Neryos schon seit langem nicht mehr gesehen und seine Nähe auch nicht gesucht. Ihr Gespräch verlief anfangs beiläufig, belanglos, doch irgendwann wandte es sich dem unvermeidlichen zu. Dem unvermeidlichem, und ihm. Sie liebte ihn, immer noch, und so wehrte sie sich vehement gegen den Vorschlag, einen neuen Liebhaber zu suchen. Sicher, Feiverak wäre eine gute Wahl, und vermutlich würde sie das auch irgendwann in Erwägung ziehen, aber in diesem Moment liebte sie die Vergangenheit, und den Mann, der diese Vergangenheit ausmachte. Mit einem bitteren Lächeln erklärte sie Neryos, warum sie ihn gemieden hatte, erklärte zum ersten Mal in all der Zeit, was in ihrem Herzen vorgegangen war. Die Erklärung des geliebten Bruders, warum er ging überhörte sie schon beinahe, auch wenn es wohl besser gewesen wäre, hätte sie hingehört.

Als er zurück kehrte, hatte er die größte Überraschung bei sich…
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