Abstecher in die Taverne

[Liriel Xarann aus Vesper]

Eine sanfte Brise umspielte Liriels weißes, langes Haar und das Licht der untergehenden Sonne tauchte ihre Haut in ein leichtes Rot.
Sie saß, wie so oft, auf ihrem Stein, der sich auf einer Waldlichtung befand und ließ ihre Gedanken schweifen.

Sie hatte nun endlich wieder Anschluss gefunden, eine Gemeinschaft mit vielen Freunden... Sie seufzte zufrieden und spielte mit einem Grashalm zwischen ihren Fingern.
Ihr schwarzes, schönes Kleid hob sich kaum von ihrer ebenholzfarbenen Haut an, dennoch stand es ihr vortrefflich. Der dunkelrote Umhang, der sie als Mitglied ihrer Gemeinschaft identifizierte lag über ihren Schultern und spendete ihre ein wenig Wärme.
Als Liriel auf ihr Schuhwerk blickt, seufzte sie abermals. Ihre schönen roten Reiterstiefel hatten mit der Zeit an Glanz verloren und waren durch die vielen Wanderungen und Kämpfen ziemlich verschlissen... Sie beschloss, gleich morgen los zu gehen, um sich neue zu kaufen.

Seitdem sie den Dienern von Rose und Kelch beigetreten war, hatte sich auch ihr Geist und ihre Selbstdisziplin wieder stabilisiert.
Liriels und Sanctas Geist hatten sich nun endgültig vereint und stritten nicht mehr um die Vorherrschaft des Körpers der Drow.

Sie musste zwar noch immer Blut trinken, um zu überleben, doch war ihr Durst gelindert worden, so dass sie ihn halbwegs kontrollieren konnte und nicht mehr wahllos Menschen oder Elfen angriff. Sie stillte ihren Durst an Tieren... Was sie gerade so erlegte. Bären, Hirsche, Wildscheine, und viele andere.

Sie hatte sich kleine Phiolen besorgt, mit deren Hilfe sie an ihren Opfern Blut zapfte und so immer einen Vorrat hatte.

Nicht nur ihre Gemeinschaft gab ihr Kraft, sondern auch ihre Tochter Lunaja, die kleine war in den letzten Monaten ein ziemliches Stück gewachsen und ihr Wesen war noch neugieriger und aufgeweckter geworden. Liriel schmunzelte bei dem Gedanken an ihre Tochter, wahrscheinlich spielte sie im Garten oder ärgerte eine ihrer Mitbewohner.

Liriel erhob sich und abermals wehte ein leichter Wind umstrich ihr sanft durch Haar.
Sie schloss die Augen und sprach leise, fast flüstern in den Wind


L'sssiks gos harl, l'isto orn doer ulnin... Rilbol zhah ula, jhal Usstan lle'warin dos... Usstan lle'warin dos ril mildrin tangi. Yol dos tlus alus Usstan satiir ji mu'll... Vel'klar ph'dos?


Da waren sie wieder... Ihre Gedanken, jene die sie seit Monaten quälten...
Sie beschloss sich abzulenken und noch einen Abstecher in die Taverne zu machen.

Liriel schritt schnellen Schrittes in Richtung der Taverne und erreichte sie auch bald... Der Geruch von Essen, Bier und Met stieg ihr in die feine Elfennase.
Ein sanftes Schnurren entrann ihrer Kehle und mit einem zufriedenen Blick öffnete sie die Türe und betrat die Schenke.

[Nosotros Wosolotoros]

Der Weg war weit und schien kein Ende zu nehmen. Wie lange suchte er jetzt schon diese verflixte Taverne? Hunger ließ ihn innerlich schon fast toben.

Das letzte mal hatte er ordentlich zu Cove gegesse und das mit eienr Horde von Söldnern die beschämende Kommentare über seine Gemeinschaft gemacht hatten.
Der Gedanke an diesen Abend hinterließ einen bitteren Nachgeschmack für ihn...

Mit Eila hatte er seit diesem Abend nichtmehr gesprochen, allerdings hatte er auch niemanden verraten wie es um sie bestellt war.
Mittlerweile hatte er jedoch erfahren dass sie sich dem Phönix ganz abgewandt hatte...man munkelte bereits um zu den Söldnern zu gehn...

Missmutig schaute er sich in der Gegend um und suchte etwas, dass ihn den Weg zur Taverne leiten würde, doch sah er nichts weiter als Bäume...Bäume...BÄUME!!!

Das letzte Wort hatte er geschrien, so sauer war er mittlerweile.
Selbst seine ruhige Art, gestattete es ihm nun nichtmehr die Fassung zu wahren, und so ballte er für einen Moment knirschend die Faust.

Allerdings legte sich seine Wut nach und nach...es hatte ja doch keinen Sinn dachte er im stillen und ritt weiter.

Nach schier endlosen Stunden, in Wirklichkeit waren es nur Minuten gewesen, sah er endlich den erlösenden Wegweiser.
Er trieb seinen Lamahengst, ein schönes Tier welches er von Sir Kandar bekam an und ritt schnurstracks Richtung Waldlichtung.

Und so dauerte es auch nichtmehr lang, bis er vor der schweren Eichentür stand, welche ihm gleich den Weg zu, Wein und Nahrung eröffnen würde.

Mit ein paarletzten handbewegungen striff er seine Rotschimmernde Robe zurecht und richtete das Siegel der Phönixhüter respektvoll.

Daraufhin trat er ein und eine Woge von Essen, Rauch, Alkohl...und etwas bekannten umfing ihn..

[Liriel Xarann aus Vesper]

Schnurstracks lief Liriel zum Wirt, die übrigen Besucher der Taverne schienen sich nicht für die zierliche Dunkelelfe zu interessieren.
Doch das war für Liriel irrelevant .

Sie wollte sich gerade das Tagesgericht bestellen, als sie Realität einholte... Sie konnte ja nichts essen und trinken.. Die Drow verstummte und der Wirt sah sie ärgerlich an, um ihn nicht noch mehr zu verärgern bestellt sie sich ein Glas Rotwein. Der Wirt nickte ihr zu und holte sogleich die Falsche... Betrübt sah Liriel ihm nach, wie gern hätte sie mal wieder etwas gegessen oder etwas anderes als Blut getrunken... Doch dies würde sie töten. Sie seufzte und ihr Blick fiehl auf den schmutzigen Holzboden.
Dann blickte sie auf, denn der Wirt hatte ihr das Glas mit Wein vor die Nase gestellt.

Der Wein sah fast aus wie Blut und duftete leicht süßlich, abermals entfuhr ihrer Kehle ein sanftes Schnurren, dann gab sie dem Wirt ein paar Goldstücke und lief gerade zu einem freiem Tisch, als sich die Tavernentüre erneut öffnete.

Sie war nur noch zwei Schritte von der Bank, in Nähe des lodernden Kamins entfernt, doch irgendetwas lies sie stocken... Wie vom Blitz gerührt stand die Dunkelelfe mit dem Rücken zur Tavernentür und starrte in das prasselnde Kaminfeuer. Sie hätte sich gerne umgedreht, doch ihr Körper fühlte sich wie eine Statue, was war nur los mit ihr?

Sie atmete tief durch und versuchte dann ohne zu schwanken zu ihrem Platz zu gelangen, doch fiel ihr Glas Wein klirrend zu Boden...
Kaum hatte sie es geschafft ließ sie sich auf die Bank fallen und stöhnte leise... Noch immer hatte sie es nicht gewagt sich umzudrehen. Im Hintergrund hörte sie den Wirt schimpfen und sie fühlte sich, als ob alle Blicke auf ihr geheftet waren... Doch war sie im Moment nicht im Stande, die ganzen Eindrücke wahrzunehmen, so sehr war sie mit sich selbst beschäftigt.

Wäre es denn möglich? Oh ich weiß es nicht... Soll ich mich umdrehen, aber was, wenn ich mich irre... Meine Illusion zerstören?

Liriel überlegte fieberhaft und krallte sich dabei mit ihren Fingernägeln in ihr Kleid, so dass ihr Oberschenkel zu brennen begann, es schmerzte fürchterlich, doch merkte sie den Schmerz kaum, so sehr dachte sie nach.
Die andere Hand lag auf dem Tisch und ihre Finger trommelten aufgeregt auf der Tischplatte.

Ob er mich schon gesehen hat? Was wird geschehen?

Die Gedanken schossen nur so durchs Liriel Kopf und langsam begann ihr Körper vor Aufregung zu zittern...

[Nosotros Wosolotoros]

In dem Moment als er die Taverne betrat schienen seine Gedanken nicht nur einen Satz zu machen, nein wahrscheinlich versuchte sie gerade in seinem Kopf ein Desaster anrichten zu wollen. Es vergingen nur Sekunden Bruchteile bis er gewahrte, wer dort stand und doch schien eine Ewigkeit in diesem Moment zu vergehn. Beinahe hätte er sie nicht erkannt, war doch mehr als nur ein wenig Zeit vergangen als sie sich das letzte mal sahen, vor seiner Reise und der Aufnahme in den Orden des Phönix...

Und doch war er sich sicher dass es sie war die dort stand, auch wenn sie verändert wirkte. Er versuchte nicht zu taumeln, denn der Gedanke ließ in schwindeln. Selbst wenn er es sah, so konnte er es doch nicht glauben, hatte er doch Monatelang nichts von Sancta gehört. Das zittern an seinen Händen nahm er nichteinmal wahr, erst das klirrende Glas und der raunende Wirt ließen ihn wieder zu sich finden.
Ohne lange nachzudenken schrie er den wirt an

Könnt ihr nicht mal eure verdammte Klappe halten? Wenn ihr weiter so rumbrüllt, habt ihr bald nochmehr Grund dazu!

Scheinbar regte ihn das sinnlose Gefasel über ein Glas in diesem Moment so sehr auf dass er hätte an die Decke gehn können.
Als er sich ENDLICH beruhigt hatte, konnte auch Meo seine Gedanken wieder halbwegs fassen. Mit leicht unsicheren Schritten trat er etwas näher an Sancta ran und sprach fast kaum hörbar.

S-Sancta?...

[Liriel Xarann aus Vesper]

Weit entfernt hörte sie jemanden den Wirt anbrüllen. Die Stimme war so vertraut und ein schwaches Lächeln huschte über Liriels Miene.

Er war es also wirklich... dachte sie und schloss abermals die Augen um tief durchzuatmen

Wie lange hatte sie schon auf diesen Moment gewartet... Für ihre Rasse war es nur ein Hauch gewesen, doch durch ihre Gefühle zu ihm, hatten die Zeit fast still stehen lassen, so dass es ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen war.

Sie spürte wie er sich langsam näherte, sie konnte schon fast seinen Atem hören, so sehr hatte sie sich auf ihn fixiert... Ihr Atem wurde schneller, je näher er kam, Liriels Aufregung hatte fast ihren Höhepunkt erreicht.

Ihr Herz raste wie wild und für einen Moment dachte sie, sie würde ohnmächtig werden, doch die Drow riss sich zusammen und drehte sich langsam als sie Meos Worte vernahm.

Sancta...

hallte es in Ihrem Kopf wieder... Woher sollte er auch wissen, dass sie den Namen ihrer richtigen Mutter angenommen hatte?

Ihre ozeanblauen Augen trafen seine grünen, leicht gelblich schimmernd Augen und sie lächelte ihn an... Sie versuchte es zwar zu unterdrücken, aber dennoch füllten sich Ihre Augen mit Tränen.

Sie versuchte aufzustehen, was ihr auch halbwegs gelang und blickte zu ihm hoch... Sie betrachtete ihn und ihr fiel sofort seine neue Kleidung auf.

Er muss ebenfalls einer Gemeinschaft beigetreten sein

Dachte Liriel und musterte Meo ein wenig, bis sie endlich das Wort ergriff

Ich... Ich habe dich vermisst... Wo warst du nur, warum hast du mich nur verlassen?

Ihre Stimme war nicht so fest und bestimmend wie sonst, es klang eher sanft und man konnte die Trauer aus ihren Worten sprechen hören.

[Nosotros Wosolotoros]

Ihre Worte wirkten schwer auf sein Gemüt. Wäre es möglich gewesen, so hätte es ihn jetzt wohl zerrissen.
Stattdessen stand er jedoch wie angewurzelt da, unfähig auch nur einen Schritt zu tun.

Ich dachte du hättest dieses Land verlassen...niemand kannte deinen Namen, niemand den ich nach Sancta Rubinstein fragte..

Wurde er denn belogen? Der Name Sancta war niemanden Begriff, so als wäre sie spurlos verschwunden.
Doch stand sie gerade vor ihm, weder verschwunden noch tot.
Seine Gedanken überschlugen sich. Sancta, ihre Tochter, Yew, die Reise.
Er konnte kein klares Wort fassen und stand nur reglos da.

Zumindest einen Moment lang, bevor er reflexartig auf sie zuschritt und sie in die Arme nahm.
Er sagte nichts, dazu war er nicht fähig gewesen, nicht in diesem Moment, nicht in diesem Augenblick..

[Liriel Xarann aus Vesper]

Von der Umarmung überwältigt, konnte Liriel ihre angestauten Tränen nicht länger zurück halten... Sie weinte, einerseits vor Glück und Erleichterung, anderseits um die ganze Aufregung, die Trauer und alles andere abzuschütteln.
Sie schniefte, schluchzte und drückte Meo ganz fest an sich...

Was soll Lunaja nur denken? Wie soll ich es ihr erklären...

Liriel dachte an die gemeinsame Tochter, welche in dem Glauben war sie hätte keinen Vater. Bei den Gedanken schluchzte sie nur noch mehr. Meos Schulter war schon feucht von Liriels Tränen, als sie sich langsam beruhigte.

Ich muss dir viel erzählen... Liebster..

Das letzte Wort war kaum hörbar so vorsichtig sprach Liriel es aus.

Sie löste sich aus der Umarmung und zog ihn auf die Bank, wo sich beide niederließen, noch immer schniefte Liriel ein wenig, doch suchte sie schnell ein Stück aus ihrem Beutel und putze sich rasch die Nase.

Dann schaute sie ihn an... Lächelte und strich ihm sanft über die Wange

Nun... Wie solltest du mich auch finden... Ich habe den Namen angenommen, den mir meine leibliche Mutter gab. Er lautet Liriel Xarann... Ich heiße Liriel... Jeder kennt mich auch nur noch als Liriel, nur die wenigstens wissen über meinen anderen Namen bescheid.

Sie lächelte ihn und erzählte dann weiter

Wie du dich sicher erinnerst, war ich hochschwanger, als du fortgingst...

Sie senkte den Kopf und seufzte, als sie wieder aufblickte, hatte sie einen leicht vorwurfsvollen Blick aufgelegt

Wie konntest du mich nur in diesem Zustand allein lassen..? Die Wehen begannen, als ich in Yew spazieren waren, zum Glück kam Xabbu rechtzeitig.
Du hast eine Tochter Meo...

Jetzt lächelte sie ihn glücklich an und nahm seine Hand

Da es Vollmond war, gab ich ihr den Namen Lunaja... Doch, wie soll ich sagen... Sie weiß nichts von dir... Elfen entwickeln sich schneller als menschliche Kinder, deshalb ist sie jetzt schon recht aufgeweckt und stellt viele Fragen. Ich dachte du wärst tot, oder hättest mich im Stich gelassen... Was hätte ich der Kleinen nur sagen sollen?

Sie schaute ihn etwas verzweifelt an, bevor sie mit der Erzählung fortfuhr.

Wir blieben nicht lange in Yew... Das Zimmer war zu klein für mich und Lunaja. Glücklicherweise wurde zu dieser Zeit ein Grundstück in Vesper frei. Dort habe ich mittlerweile ein kleines Haus... Ich habe oft an dich gedacht... Ich habe dich so sehr vermisst, bitte lass mich nie wieder alleine.

Mit diesen Worten beendete Liriel ihre Erzählung und fiel ihm erneut um den Hals und drückte ihn an sich... Sie schmiegte ihre Wange an seine und flüsterte ihm ins Ohr

Ich bin so froh, dass du wieder da bist... Du weißt gar nicht, was das für mich bedeutet. Es ist, als wärst du von den Toten wieder auferstanden...