von Leo » Sa, 09. Aug 2008 01:09
Das Misstrauen in Leonie legte sich nicht. Auch wenn sich hin und wieder ein leichtes Lächeln in Ciervos Gesicht abzeichnete, so wirkte er unverändert kühl.
Leicht verwundert beobachtete sie zunächst, wie er darauf reagierte, als sie das Wort Kampfstab in den Mund nahm. Seine Reaktion deutete an, dass er einen kleinen Groll gegen jene Stabkämpfer hegte. Doch dies störte sie nicht im Geringsten.
"Nun Ciervos, ich denke ihr täuscht Euch ein wenig.."
Kurz hielt sie inne und beobachtete, wie er auf ihren Widerspruch reagieren würde.
"Ihr meint also, ich hätte ein Leben im Kloster einem Leben hier auf Pergon vorziehen sollen, nur weil ich mich der Kunst des Stabkampfes verschreibe?"
Bewusst senkte sie die Stimme und blickte ihn eindringlich an.
"Seid mir nicht böse Ciervos, aber ich denke, diesen Gefallen kann ich Euch nicht tun. Wisst ihr was der Unterschied zwischen einem Kloster und diesem Land ist?
Es ist die Freiheit..
Die Freiheit selbst über sein Leben bestimmen zu können. Ein Windhauch der einen mitnimmt und über weite Felder trägt..
Weder Mauern noch Tore..
Die Vorstellung hinter einer Klostermauer zu sitzen und sich im hohen Alter irgendwann immer und immer wieder zu fragen, was man dort draußen in der großen, weiten Welt wohl verpasst hat, ist meiner Meinung nach trotslos..."
Für einen Moment lehnte sie sich über den Tisch, hielt ihr Gesicht dicht neben das seine und hauchte ihm leise ins Ohr.
"Es ist die Freiheit, Ciervos... Die Freiheit.."
Ihr warmer Atem berührte seine Haut und gleichzeitig versuchte sie seinen Geruch zuzuordnen. Doch selbst jetzt, wo sie so dicht neben ihm war, konnte sie beim einatmen keinen Geruch wahrnehmen. Weder einen Geruch von Leben noch einen Hauch von Tod.
Langsam lehnte sie sich wieder zurück und dachte kurz über ihre Worte nach. Hatte sie selbst doch erst diese Freiheit erlangt.
Neunzehn Jahre lang hatte sie kein Recht auf ihren eigenen Willen. War die Sklavin eines Monsters welches sich nur an ihrer Schönheit ergötzte und sie wie eine Gefangen hielt.
Für einen Augenblick schien sie ihre Fassung zu verlieren, als sie darüber nachdachte, wie er ihren Körper geschändet hatte. Zeitgleich stieg aber Wut in ihr auf und so fing sie sich gleich wieder.
".. bei der Anzahl von stabschwingenden Mönchen fallt ihr hier noch weniger auf... " Kurz wiederholte sie seine Worte im Kopf und fügte in Gedanken hinzu. ".. und das ist auch gut so.."
"Nun, wenn die größte Aufmerksamkeit mir gilt, nur weil ich an Eurem Tisch sitze, so wäre es eine Überlegung wert, mich an einen anderen Platz niederzulassen."
Ein Schmunzeln huschte über ihre Wangen.
"Solange wir so meine Verfolger abschrecken, sehe ich sogar einen Vorteil darin, mich hier aufzuhalten."
"So sagt mir doch, was Ihr den lieben langen Tag so alles treibt..? So wie ich das sehe, bin ich hier nicht der Einzige, der sich vermummt. Diesbezüglich müssen wir uns wohl nichts vorspielen.."
Neugierde lag in ihren Augen ehe sie seine nächste Frage gedulgig beantwortete.
"Nun, ich würde nicht sagen, dass ich mir Pergon ausgesucht habe.. Eher hat mich der Zufall hier her verschlagen. Nur ein einziges Schiff lag vor Hafen und dessen Kurs war Jhelom."
"Ausbilden lassen.."
Sie selbst hatte auch schon darüber nachgedacht. So schnell wie möglich sollte sie lernen, sich zu verteidigen, doch stets war ihr die Angst im Naken.
"Was ist, wenn ich einen Meister finden würde der mich unterweist in der Kunst des Kämpfens und dieser mein Geheimnis entdeckt?.. Bin ich alleine überhaupt stark genung, um hier zu überleben? Suchen Reko*s Soldaten womöglich schon nach uns? Wie lange werde ich mich geschickt als Mann tarnen können?..
Hat er vorhin nicht irgendetwas von Dieben erzählt? Womöglich gibt es hier sogar eine Vereinigung von Dieben.. Lautlos, geschickt und Meister im Tarnen.. Ein perfekter Zufluchtsort?
Aber ebenso müssten Diebe gerissen, clever und flink sein.. Würden sie meine Tarnung nicht allzu bald durchschauen...?"
Unbewusst schweifte sie vollkommen ab und betrachtete mit leerem Blick den Tisch vor ihnen.