Die Nacht war klar und Vollmond zierte den Schwarzen Untergrund, auf dem sich Millionen kleiner leuchtender Sterne tummelten. Stumm blickte Ciervos in das das wirrwarr aus dunklen und helleren Punkten, nur um in Gedanken zu versinken.
Er spürte tief in sich das Dunkel – Nazh'ad und seine Machtgier.
Unermüdlich schien er an seiner Seele zu nagen, zu lange schon wie Ciervos sich eingestand.
Er dachte an vergangene Zeiten...
Die Ankunft auf Jehlom war seine einzige Chance gewesen sein Leben zu retten, damals als sie ihn als Flosar kannten.
Nach einiger Zeit ging er auch wieder seinem Geschäft nach, dem des Auftragsmordens und so machte er sich als Flosar Donnerbogen einen Namen auf Pergon.
Viele Tage vergingen daraufhin, bis er mit einigen Gestalten den unheiligen Orden des Nerkzul gründete. Nie hätte er gedacht dass sich durch diesen sein Leben so verändern würde...
Die Zeit im Orden des Nerkzul war die Zeit in der Nazh'ad sich mit ihm vereinigte, die Zeit des Beginns seiner Wandlung.
Er wurde kaltherzig und erbarmungslos, gar sadistisch. Erst als Salia, die er still immer übertreffen wollte, sich Nerkzul abwandt vermochten seine vom Wahn geblendeten Augen wieder zu sehen.
Entschlossen wandte er sich dem Glauben ab um neue Wege zu ergründen, jene des Weltendrachen.
Mit einem Gefühl aus Schuld und Wut dachte Ciervos an die Zeit bei den Jüngern, aber auch mit Freude und Wärme verband er sie. Er liebte die Jünger und dachte hier könne er in Frieden seine Tage verleben, doch schien das Schicksal ihn nicht ruhen lassen zu wollen.
Ein Alter Jünger, ein fanatischer obendrein kehrte zurück und überfiel seinen Blutsbruder Pavuk, während dieser niedergeschlagen am Boden lag.
Ciervos trug mittlerweile nichtmehr den namen Flosar, sondern den Namen Ciervos Cicar.
Cicar, den Namen hatte er von Pavuk einem langen Freund und engen Verbündeten.
Nachdem Ciervos desillusioniert die Drachen verließ scharrte er erneut Gleichgesinnte umsich.
Es dauerte nicht lang und die Söldner der Morituria erschienen im neuen Glanz auf Pergon.
Mit starker Hand führte er diese Gemeinde und so befindet sie sich auf dem Aufstieg....
Er würde sie nicht weiter führen können, doch hatte er einen guten Nachfolger erwählt, der ihm zwar in Kampfstärke nicht gewachsen war, ihm aber in der Koordinierung in nichts nach stand.
Die Söldner waren also in guter Hand, so hoffte er.
Er war froh Pavuk nichts von seinem Vorhaben gebeichtet zu haben, wahrscheinlich hätte er ihn zurückgehalten. Leider hatte er der Unbändigen Kraft des Mönches nichts entgegen zu setzen.
Wie Artan sein Verschwinden aufnimmt, konnte er sich nicht vorstellen.
Mittlerweile, nach einigen Konflikten war Artan einer seiner Engsten Freunde und Mitstreiter geworden, auch wenn er ihm dies wohl nie so sagte.
Er hatte das Zeug zum Feldherr...vielleicht würde sein Traum ja noch wahr werden.
Ciervos hoffte es für ihn.
Und so schweiften seine Gedanken ab, zum Begriff Familie...und zu Lehonora.
Nur Schmerzend wollte er sich jene in Erinnerung rufen die er liebte und die er tatsächlich nicht wiedererkannte.
Eine Aussöhnung konnte er nicht in die Wege leiten, dass hätte alles nur komplizierte gemacht.
Lieber ließ er sie in dem Glauben er würde sie nicht erkennen, ehe sie sich seiner Liebe gewiss von ihm trennen müsste.
Erst jetzt wurde ihm bewusst das sich Tränen den Weg über seine Wange gebahnt hatten, er weinte still.
Es war lange her dass er weinte und das aus Emotionen heraus die er selten zuließ.
Er dachte an alle seine Freunde, seine Geliebte Lehonora, gar an seine Feinde.
Viele hatte er mit einem glatten Schuss nieder gestreckt, nie war er sich im klaren dass er damit den Hass in sich nährte.
Dieser Hass verband sich mit dem Wissen dass er Macht besaß und diese drohte er zu missbrauchen.
Langsam stand er auf, das lange Schwarze Haar legte er nach hinten.
Er spürte wie Nazh'ad unruhig wurde.
Zu oft hatte er in letzter Zeit die Kontrolle übernommen, zu oft seine Waffe gegen die gerichtet die er schützen wollte.
Wenn Nazh'ad wirklich die Macht hatte seinen Körper für sich zu beanspruchen, dann bekam er nun seine Chance dazu.
Langsam begab sich Ciervos an den Rand des Plateaus.
Unter ihm konnte man das Rauschen des Meeres hören, welches unermüdlich gegen die Felsen prallte.
Welch Schicksalsschlag, dass er nicht weit von hier Nazh'ad das erste mal traf.
Er blickte hinab und erkannte schwärze.
Er konnte die Gischt hören, aber sehen konnte er nichts.
Für einen Augenblick dachte er, der Abgrund wäre jener, welchen er in seiner Seele mit sich trug...
Wind wehte ihm das Haar ins Gesicht.
Er atmete gleichmäßig Aus und Ein.
Genoss die Brise als hätte er sich Jahrelang danach gesehnt.
Dann schloss er die Augen und trat noch einen Schritt näher an den Abgrund.
Er wusste was dort unten auf ihn wartete: Wasser, die Felsen, eine endgültige Entscheidung.
Nichts weiter als Meeres tiefen und die Erkenntnis so manchen Seefahrers, der hier sein Grab fand.
Niemand würde ihn hier finden, niemand der nicht wusste wo er sich aufhielt.
Mittlerweile spürte er seinen Puls, puckernd in seinen Ohren.
Mit leiser, kaum hörbarer, zittriger Stimme flüsterte er:
„Wenn du wirklich so viel mächtiger bist als ich Nazh'ad, dann hast du nichts zu befürchten..“
Er spürte wie die Panik sich in seinem ungewollten Gegenpart ausbreitete.
Weiter zögern konnte er nicht, womöglich war es dann zu spät.
Er lehnte sich nach vorn, noch etwas mehr, einen weiteren Zentimeter.
Bis er mit ausgebreiteten Armen wie ein Falke in den Abgrund glitt....
„Lehonora, Pavuk, Artan...Freunde...lebt wohl.“
Einige Tränen wirbelten glitzernd im Wind gen Nachthimmel als der Schemen des gefürchtetsten Schützen in der Dunkelheit des Nachtschattens verschwand...