Weit über die Inseln des Landes Pergons drangen Gerüchte auf die kleine Insel Jhelom. Einsam saß Morgyn auf den Feldern.
Tränen rollten über ihre zierlichen Wangen.
Tränen der Enttäuschung
Tränen des Schmerzes
Tränen der Trauer
doch zuletzt auch Tränen der Wut..
Krampfhaft ballte sie die Hände zu Fäusten und krümmte sich schluchtzend auf dem dreckigen Ackerboden
So vieles konnte sie nicht glauben.. geschweige denn akzeptieren..
Sollte Akilano sie wirklich alle verlassen haben?
Sollte sogar der graue Wolf sie für immer im Stich gelassen haben?
Ihr Wächter des Lebens?
Sie konnte nicht anders, als ihren Gefühlen freien lauf lassen..
So schrie sie sich ihren Schmerz von der Seele, sodass ihre Worte noch weit über die Felder hallten:
Warum?
Warum nur verlässt du uns?
Solltest nicht gerade du -als Schöpfer des Weißen und des Schwarzen Wolfes- der weiseste von allen sein?
Willst du zusehen, wie deine Schwestern und Brüder in den Untergang laufen?
Warum??
Kraftlos und schluchtzend blickte sie um sich.
Als ein loses Blatt genau vor ihren Füßen landete bückte sie sich und hob es vorsichtig auf..
Die Bäume verlieren ihre Blätter..
Mit tränenferschmierten Augen betrachtete sie den angrenzenden Wald und das Blatt in ihrer Hand..
Langsam schritt sie auf den rießigen Apfelbaum zu und lehnte sich mit den Rücken an diesen..
Dein Stamm ist so stark und kräftig..
Deine Wurzeln reichen bis zu den tiefsten Höhlen der Zwerge..
Deine Äste ragen stolz und mächtig über dem Erdenreich..
Und doch verlierst du zu jeder Jahreszeit deine Blätter..
Sanft streicht sie mit den Fingern über das Blatt in ihrer Hand, so als könnte sie durch diese Berührung den Sinn seines Lebens näher verstehen..
Leise murmelte sie vor sich hin
Jedes Jahr weicht dein Blätterdach einem neuen Leben..
Wenn du deine Blätter nicht abwerfen würdest,
dann würdest du von Jahr zu Jahr schwächer werden..
Hastig wischte sie sich die Tränen aus den Augen..
Sollte der graue Wolf den Clan verlassen haben, da er fürchtete seine Schwestern und Brüder könnten schwächer werden??
Ein leises Seufzen drang über ihre Lippen.
Wie recht er doch hatte. Sie waren schwach sie waren nicht einmal fähig dazu die kleinen Probleme zu lösen..
Mit seinem Verschwinden gab er ihnen die Möglichkeit eines Neuanfanges.. Er gab ihnen die Chance dazu gewisse Dinge zu ändern..
Erneut kullerten dicke Tränen über ihre Wangenknochen und benezten den Boden zu ihren Füßen
Du hast deine Familie verlassen, um sie zu retten und zu schützen.
Du hast gesehen,
dass unser Stamm schwächer wird.
Du hast gesehen,
dass unsere Wurzeln beim leisesten Windhauch nachgegeben hätten..
Du hast gesehen,
dass wir am Rande des Abgrunds wandeln..
Welch schwere Entscheidung du doch treffen musstest..
Dennoch hasse ich dich dafür, dass du diesen Weg gewählt hast.
Ich hasse dich dafür, dass du den Glauben an deine Gemeinschaft verloren hast.
Doch ich hasse mich dafür, dass ich eine so schlechte Schwester war..
Eine Schwester, die dem grauen Wolf keine gute Schülerin war..
Und trotz alledem glaube ich noch immer an dich, denn im Grunde hast du uns den Weg aus der Dunkelheit gezeigt..
Glaube mir, deine Opfer werden es wert sein, denn deine Gemeinschaft ist stärker als du denkst..
Sicher sie ist noch ein kleiner, tollpatschiger und schwacher Haufen.
Aber glaube mir, sie werden ihren Mut und ihren Glauben finden.
Glaube mir, sie werden sich wie ein Phönix aus der Asche erheben..
Und ihr Antlitz wird in neuer Pracht erstrahlen.
Oh glaube mir..
Schnell wischt sie sich die letzten Tränen aus dem Gesicht. Packt eifrig ihre Sachen zusammen und rennt hastig zur Bank.
Sie hatte eine Entscheidung gefasst und würde alles daran setzen diese umzusetzen.