Das geheime Fenster – Wege der Vergangenheit Teil 1
Aus der Welt der Bäume, drangen Laute, vom Wind getragen und in weite Ferne gestreut. Sachte strichen zierliche Frauenhände über die Seiten der Harfe, um dem Instrument die Töne zu entlocken. Scheinbar im Takt, klopfen vereinzelte Regentropfen auf den dunklen Mantel des Geschöpfs.
Die Sonne versucht zögerlich, ihre Strahlen durch das Wolkenmeer zu schicken, um die Bäume, Sträucher und Blumen mit Wärme zu beschenken. Die Melodie verstummt, lediglich der Gesang von Vögeln und das leise Trommeln des Regens waren zu hören. Mit schweren Augen lehnte sich die Elfe an denn Stamm eines Baumes und glitt an diesem zu seinen Wurzeln nieder. Ihr nasses Haar lag in Strähnen über das feine Gesicht, kurz nur wollte sie sich ausruhen, den Augen etwas Erholung gönnen. Schwerer und immer schwerer wurden die Lider, dem Kampf mit der Müdigkeit erlegen, schlief sie ein.
>> Nikeeta. Nikeeta, guuan phor, l' draeval doerrus, nindyn Z'hind shlu'ta kre'j. << drang es an ihr Ohr. In schmalen Schlitzen öffneten sich ihre Augen, mit trübem Blick sah sie auf die Person ihr gegenüber.
Konnte es sein? Nein, niemals. Ihre Sinne mussten ihr einen Streich spielen. Ihre Mutter, die Anführerin der Krieger des Hauses Firnstay, rüttelte an ihren Schultern und versuchte sie so zu wecken.
>> L' sssiks gos harl, udos z'klaen kl'ae l' oloth endar ph' inlul l' mayaren! << Sie drückte Nikita eine Umhängetasche und zog sie am Handgelenk aus dem Bett, kaum blieb Zeit um sich anzuziehen. Immernoch an sich selbst zweifelnd stakste sie der Kriegerin hinterher. Doch es geschah wirklich, sie spürte den Druck an ihren Gelenken und das Gewicht der Tasche.
>> Wohin gehen wir? Wo bringst du mich hin? <<
>> Ich werde dich an einen sicheren Ort bringen, hier kannst du nicht länger bleiben, es ist zu gefährlich! Folge mir, die Zeit drängt. <<
Mutter und Tochter eilten mit langen, dennoch leisen Schritten die Stufen des Turms nach unten. Abrupt blieb Kadlin stehen und drückte ihr Kind gegen die steinerne Mauer. >> Still, die Wachen. << flüsterte Sie und wies auf die Schatten, die sich an der Wand abbildeten. Ein Griff an den Wandleuchter und lautlos öffnete sich ein geheimer Gang, der auf schmale Treppe außerhalb des Gemäuers führte. Rasch stiegen sie die kleinen Trittflächen hinab, leichtfüßig und ohne ein Wort. Am Fuße der steinernen Stufen angekommen ging es ohne Rast weiter, riesig schien das Anwesen zu sein auf dem sie sich befanden.
Silbern glänzen die Kronen der Baumriesen im Mondenschein. In der Deckung der Zeitriesen stießen sie auf den Befestigungswall. Sie folgten der Mauer, Kadlin ergriff abermals die Hand ihres Zöglings und zeigte ihr den Weg. Auf Höhe eines Wachholderbusches machten sie Halt, dass Elfenweib schob die dürren Äste bei Seite. Hinter ihnen verbarg sich ein Spalt in der haushohen Mauer, für das unwissende Auge von beiden Seiten nicht sichtbar.
>> Nur noch ein Stück, dann können wir die müden Beine rasten lassen und ich werde dir alles Erklären mein Kind.<<
Sie zwängten sich durch die schmale Öffnung im Stein, doch noch war nicht an Ruhe zu denken, verborgen im Dickicht der Sträucher schlichen sie gen Osten.
Nikitas Kopf war gefüllt mit wirren Gedanken, wie kann es sein das ihre Mutter vor ihr stand, Sie war tot! Ein Opfer ihrer eigenen Sippe ist Sie geworden. Sie atmete tief durch und versuchte ihre Zweifel zu verdrängen, die Entfernung zu den Gebäuden nahm immer mehr zu, bis die Mauer einen weiten Bogen schlug und eine schutzlose Wiesenlandschaft sich vor Ihnen auftat. Vereinzelt standen Eichen auf der flachen Ebene.
>> Jetzt muss alles schnell gehen, der Mond könnte uns hintergehen und zum Verräter werden. << belehrte Kadlin die Drow >> Der Schatten der Gewächse wird uns Schutz vor des Feindes Auge bieten! <<
Hurtig rannte die Dunkelhäutige zum ersten Schutz, Nikita stutzte ein wenig doch folgte ihr von Stamm zu Stamm.
Dieses Spiel wiederholte sich unzählige Male, bis Sie letztendlich den Eingang einer Höhle erreichten. Kadlin tastete im Dunkel die schroffen Wände der Höhle ab, sicher etwas zu finden. Ein erleichterndes Seufzen stieß Sie ab als Sie gefunden hatte was sie allem Anschein nach suchte.
Aus einer Nische im Fels zog die Schwertmeisterin einige Waffen und warme Kleidung. Sie lächelte zufrieden und ließ sich etwas matt zu Boden sinken.
>> Einen Teil unserer Reise haben wir geschafft doch das Ziel liegt in der Ferne.
Eine Pause sei uns gegönnt, in der Zeit werde ich dir erzählen wieso du Firnstay verlassen musst. <<
So begann Sie von dem Komplott, Ihrer Schwester, gegen Nikita zu berichten. Kandra hatte vor, die junge Halbdrow in den Tod zu schicken, sie sei eine Schande für den Ruf und das Ansehen des Hauses Firnstay. Nachdem ihre Mutter dies durch treue Untergebene erfuhr, schusterte Sie einen Plan um ihrer Tochter das Leben zu retten. Alles war sorgfältig durchdacht, Notfallpläne zurechtgelegt und diese Nacht sollte die Flucht gelingen.
(Fortsetzung folgt)