von Raissa Nadeira » Sa, 21. Apr 2007 20:26
Wie so vieles war ihr das Atmen zur Gewohnheit geworden, selbst jetzt, wo es keine unmittelbare Notwendigkeit dafür gab. Keine, außer der, ihrer Umgebung einen vergeblichen Hauch von Leben vorzugaukeln, ein Schauspiel darzubieten, das über die wahre Natur ihres Daseins hinweg trog. Selbst hier und jetzt, bei Keraban, führte sie es noch fort, fühlte den Drang, alles zu vermeiden, was ihn beängstigen könnte, selbst wenn es nur das Fehlen von Atem war, das Fehlen jenes winzigen Hinweises auf Leben, den die Menschen so sehr schätzten.
Zu Beginn ihres Daseins war es schwer gewesen, ihn vorzutäuschen, ebenso wie den regelmäßigen Herzschlag, die Körperwärme, die ein lebendes Wesen von einem Toten unterschied, so viele kleine Dinge, die nun nicht mehr selbstverständlich waren, die sie steuern musste, wie sie es von klein auf mit ihren Bewegungen hatte tun müssen. Zu Beginn war es nur der Hunger nach überleben gewesen, sie wollte die Vernichtung nicht, und umging sie mit allen Mitteln, doch nun war da noch etwas anderes, etwas, das sie vernichtet geglaubt hatte. Doch nun, als Kerabans Worte an ihr Ohr drangen, hob die Kreatur in ihrer Brust, die den Namen Zuneigung trug, ihren Kopf und begann zu wittern. Ein warmes, sanftes Gefühl durchströmte sie, das Gefühl, das einst Sonnenlicht auf ihrer Haut ausgelöst hatte.
„Bedenke wohl worum Du bittest, es könnte Dir gewährt werden.“
Ihre Stimme erklang weich, sanft. So klang sie immer und immer wieder, in jeder Sekunde, in der sie mit ihm sprach, in der sie bei ihm war. Irgend etwas hatte der Tischler an sich, etwas, das in der Lage war, den unbezähmbaren Blutdurst zu stillen, ihn zu unterdrücken und jenen Teil von ihr, den sie zwar kontrollieren, nicht aber beherrschen konnte, zu verdrängen, ihn unwirklich scheinen machte.
Es war beinahe, als wäre sie wieder lebendig, wenn sie nur bei ihm war, dann war es beinahe, als wäre alles möglich. Selbst menschliche Nahrung zu sich zu nehmen. Sie hatte es wiederholt versucht, auf dem Weg in diese Taverne, denn sie wusste, dass es möglich war. Allerdings bisher nicht für sie. Sie würde es lernen, würde es lernen müssen, denn sie wusste auch, dass er auf Dauer nur schwer mit ihren Gewohnheiten zurecht kommen würde. Sie würde ihm zuliebe lernen, etwas menschliche Nahrung zu sich zu nehmen, und sei es nur, um ihn zu beruhigen, oder ihm Gesellschaft zu leisten. Diesen Gedanken sprach sie jedoch nicht aus. Sie wollte den Moment nicht zerstören, wollte seine Nähe genießen, und damit auch dieses wunderbare Gefühl ein Ganzes Wesen zu sein.
.: Erster offizieller Keraban-Fan :.