Der Wächter der Toten

Manche Spieler haben eine interessante Herkunft und haben diese in einer eigenen Geschichte festgehalten

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Der Wächter der Toten

Beitragvon Inquisitorin Salia Dumon aus Cove » Sa, 07. Mai 2005 17:21

Das Licht der Kerze begann zu flackern, als der ein schwacher Wind durch die Bibliothek wehte. Die Lettern des Buches waren kaum noch zu erkennen. Inmitten von riesigen Bücherregalen saß eine junge Frau an einem Tisch, ein großes Buch lesend. Ihre grünen Augen reflektierten das Licht der Kerze und ihre rotbraunen Haare sahen aus wie Feuer. In ihrem Augenwinkel bewegte sich etwas. Als sie dorthin blickte, erkannte sie eine schemenhafte Form, einen Geist. Sie hatte sich schon längst daran gewöhnt, die Seelen der Toten zu sehen, war doch letztlich ihr geliebter Vater der Grund dafür gewesen. Ihren Vater, den sie nie kennen gelernt hatte. Sie dachte an ihn und an das, was er ihr vererbt hatte, die Macht, die sie in sich trug.
Plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken gerissen: eine dunkle Gestalt näherte sich ihrem Ohr und flüsterte leise: „Komm. Komm endlich mit mir, Salia." Sie erschrak, doch im nächsten Moment bereute sie ihr Handeln. Es war kein geringerer als William, ihr großer Bruder. „William! Erschreckt mich doch nicht so!" , William lachte und meinte nur: „Na, wenn ihr schon wieder träumt!" Schnell packte Salia all ihre Sachen in den Rucksack und löschte das Licht der Kerze. Jetzt waren nur noch der Umriss ihres Bruders und die blassen Schemen der Toten zu sehen.
Sie gingen aus der Bibliothek heraus. Der kalte Nachtwind peitschte ihnen ins Gesicht. „Wir sollten uns beeilen, Salia.“ Sie nickte kurz und sie stiegen auf ihre Pferde. Salia zog ihren Umhang enger um sich, denn die Kälte kroch ihr bis in die Knochen. Langsam ritten sie nebeneinander her, schweigend, beide um sich blickend. Aus dem Dickicht des Wegrandes tauchte plötzlich ein Wolf auf. Seine gelbe Augen funkelten im Mondlicht. Ein Grinsen breitete sich auf dem Gesicht Salias aus. Sie kannte diesen Wolf nur zu gut. Doch etwas beunruhigte ihn scheinbar.
Ein Knacken kam aus dem Baum ein Stück neben ihnen. „Will? Habt ihr das auch gehört?" fragte die junge Frau. „Das war ja nicht zu überhören" wisperte William ihr zu. Salia umklammerte den Griff ihres Schwertes und William zog einen Pfeil aus dem Köcher, spannte seinen Bogen und zielte in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Die Pferde wurden unruhig und scharrten auf dem Boden. Auf einmal war nur das laute Knacken eines Astes zu hören, der Schrei eines nicht humanoiden Wesens und das Surren des Pfeils von Wills Bogen. Eine Kreatur so schwarz wie die Nacht sprang aus einem Baum hervor, direkt auf die beiden Geschwister zu. Der Wolf machte einen Satz zur Seite, ganz gleich, ob er das nicht hätte tun müssen.
„SALIA!! Passt auf!" Blitzschnell zog die Kämpferin ihr Schwert aus der Scheide und holte weit aus. Sie verfehlte die Kreatur nur um Haaresbreite. Inzwischen stand sie vor ihnen auf dem Boden. Es hatte riesige Hörner, pechschwarze Augen und Schuppen. Dieses Wesen konnte nur der Hölle entspringen, keine Seele besitzen, dachte Salia. Zähnefletschend stand es vor ihnen, bereit, anzugreifen. William spannte seinen Bogen erneut und ein weiterer Pfeil zischte auf das Monster zu. „Salia, wir wissen beide, warum dieses Geschöpf hier ist." meinte William. Natürlich kannten sie den Grund. Diese Kreatur war hinter ihrer Macht her, die Macht in ihnen. Salia versuchte erneut das Monster zu treffen, und erwischte es dieses Mal. Es schrie kurz auf, holte jedoch auch zu einem Schlag aus. Es traf Salias Rüstung, seine Krallen verursachten einen tiefen Kratzer im Leder. „Mist, und die war erst neu!" fluchte die junge Frau. Der Zorn stand in ihren Augen und sie schwang ihre Klinge auf das Monster zu. Wieder verfehlt. Ihr Bruder hatte mehr Glück: sein Pfeil traf das Wesen direkt neben dem Auge.
Unbeeindruckt dessen schlug die Kreatur erbarmungslos auf die Pferde ein. Schnell sprangen sie von den Tieren ab, die im nächsten Moment regungslos am Boden lagen. "Nein!!" schrie Salia, war ihr Pferd doch ein jahrelang treuer Begleiter. Doch diese Unaufmerksamkeit wurde schnell bestraft, denn das Monster machte einen Satz auf Salia zu, um sie zu verletzen. Mit weit aufgerissenem Maul und messerscharfen Krallen kam es auf Salia zu. Die Zeit war zu kurz, um den Angriff abzuwenden. Die junge Frau kniff ihre smaragdgrünen Augen zu und wartete auf den Schmerz.
Ein Schrei ertönte, jedoch kam dieser nicht aus Salia Mund. Sie öffnete ihre Augen und vor sich sah sie William, auf dem Boden zusammengekrümmt, in einer Blutlache liegend. Das Monster hatte ein diabolisches Grinsen im Gesicht und blickte höchst zufrieden auf sein Opfer. Zwar hatte es nicht Salia getroffen, aber Wills Macht war dieselbe. Gerade als es sich diese einverleiben wollte und sich über Salias Bruder beugte, holte diese zu einem Schlag aus. Sie traf das Monster und durchbohrte sein Herz. In einer flammenden Wolke verschwand es und übrig blieb nur ein Häufchen Asche.
Der silberne Wolf, der alles beobachtete, aber nichts tun konnte, rannte zum Körper Williams. Auch Salia fiel vor ihm auf die Knie und drehte ihn um. Das Monster hatte ihn mitten auf der Brust getroffen und nun klaffte dort eine riesige Wunde. Das Blut floss in Strömen an seinem Körper entlang. Der Wolf gab ein Jaulen von sich. Er wollte Williams Wunde berühren, das Blut ablecken und ihm helfen. Doch als er die Brust des Schützen berührte passierte nichts, denn seine Schnauze ging durch sie hindurch. Auch dieser Wolf war nur ein Geist, eine tote Seele. „Will! Ihr dürft nicht sterben! Haltet durch!" bat Salia ihren Bruder. „Salia, hört mir zu...Ihr dürft nicht aufgeben, niemals. Kämpft immer weiter.“ wisperte William leise. Tränen rannen an Salias Wangen hinab, sie war nur eine Kämpferin, konnte ihrem Bruder so nicht helfen.
„Ich bringe euch zu einem Heiler. Er wird euch heilen, Will.“ Er packte ihren Arm, zog sie an sich ran und sagte: „Unser Vater wird über mich wachen, so wie er schon über Garret wacht.“ Der Wolf blickte in Salias Gesicht und man konnte ein kurzes Nicken des Tieres vernehmen. Schon wieder musste die Kämpferin einsehen, dass sie hilflos war. Vor 2 Jahren starb ihr kleiner Bruder, Garret, ebenfalls bei einem Kampf. Er war nur einige Jahre jünger gewesen als Salia und war noch kein guter Kämpfer. Salia blickte auf ihr linkes Handgelenk, sie trug ein metallenes Armband, welches Garret ihr einst schenkte, als er, so wie nun William, vor ihr im Sterben lag. Doch für die 3 Geschwister war der Tod keinesfalls das Ende. Sie konnten die Seelen der Verstorbenen nach ihrem Tod sehen. So war auch Garret immer bei ihnen, in Form eines Wolfes. Er begleitete sie, konnte jedoch nicht mit ihnen kommunizieren oder sie gar berühren.
„Salia, ihr müsst weiter trainieren und stärker werden, damit ihr die, die nach unserer Macht streben besiegen könnt.“ sagte William mit letzter Kraft. „A-a-aber ihr könnt nicht einfach so....“ erwiderte sie verzweifelt. Ein schwaches Lächeln lag auf Wills Lippen und bevor er seinen letzten Atemzug tat, sprach er „Ich liebe Euch...“. Salia brach auf dem toten Körper ihres Bruders zusammen, sie konnte nicht glauben, dass nun auch er nicht mehr bei ihr war. Sie war nun ganz alleine. Auf sich gestellt. Der Wolf versuchte sie vergeblich mit der Nase anzustupsen und sie zu trösten. Doch Salia weinte und hatte das Gefühl, ihr Herz würde in tausend kleine Teile zerspringen, so sehr schmerzte es sie. Nie mehr würde sie lachen können oder fröhlich sein, nie mehr glücklich sein. Plötzlich spürte sie einen Luftzug um ihre Schultern, einen Zug, der nicht nur vom Wind kommen konnte. Sanft drückte die Böe sie nach oben. Salia, durch die Tränen kaum fähig etwas zu sehen, sah nach oben und erkannte nur die Schemen eines geisterhaften Wesens.
Es flog auf Williams Leiche zu und beugte sich über sie. Salia beobachtete, wie das Wesen scheinbar die Seele Wills aus ihm sog. Doch die junge Frau tat nichts dagegen, denn sie wusste genau, wer es war. Es war Jergal. Ihr Vater. Jergal, der, den alle nur als Totengott kannten. Doch sie sah es keineswegs als schlecht an, die Tochter eines Halbgottes zu sein. War er doch der Grund dafür, dass sie die Toten sah. Und auch ihren Bruder Garret. Jergal würde sicher gut auf sie aufpassen und über sie wachen. Nachdem ihr Vater verschwunden war und nun nur noch sie mit dem geisterhaften Wolf zurückgeblieben war, stand sie langsam auf. Zuerst wollte sie weglaufen, vor all dem, was auf sie zukommen würde. Doch das war falsch und das wusste sie. Stattdessen dachte sie an Will und Garret. Keiner der beiden wollte je, dass sie unglücklich war und auch nach deren Tod hatte sich das nicht geändert.
Mit neuem Mut packte sie Williams Bogen und beschloss nun noch einmal von vorn zu beginnen. Sie konnte ihrem Bruder nicht als Kämpferin mit dem Schwert helfen. Salia beschloss nun, ein Bogenschütze zu werden, so wie einst ihr Bruder. Er konnte sie beschützen. Mit entschlossenem Blick ging sie weiter des Weges, begleitet von einem Wolf. Ein Flattern ließ sie zur Seite blicken: dort flog eine pechschwarze Krähe. Salia wusste genau, wer diese Krähe war. Salia, die Tochter Jergals, des Wächters der Toten, ging festen Schrittes den Weg entlang, wo immer er sie auch hinführen würde. „Von nun an werde ich hart kämpfen, doch nicht gegen das Gute oder das Böse, sondern um stärker zu werden und mich zu verteidigen.“ beschloss sie. Und wo immer sie auch sein würde, ihre beiden Brüder würden sie auf ewig begleiten.
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Re: Der Wächter der Toten

Beitragvon BM Caine McCullough aus Cove » Sa, 07. Mai 2005 17:38

ohne meckern zu wollen, aber eine Formatierung des Textes dient nicht nur der Schönheit, sondern auch der Lesbarkeit *gg*
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Re: Der Wächter der Toten

Beitragvon Faruk aus Vesper » Sa, 07. Mai 2005 18:21

Praetor Caine McCullough aus Cove hat geschrieben:ohne meckern zu wollen, aber eine Formatierung des Textes dient nicht nur der Schönheit, sondern auch der Lesbarkeit *gg*


Musst dich halt mal mehr konzentireren, für die Story hat es sich jedenfalls gelohnt.

Gruß,
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Re: Der Wächter der Toten

Beitragvon Ariane Arceau aus Minoc » Sa, 07. Mai 2005 18:29

wieder mal eine gelungene Story :)
Des Pfeiles Weg meist unergründlich...
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