Herzenswunsch

Manche Spieler haben eine interessante Herkunft und haben diese in einer eigenen Geschichte festgehalten

Moderator: Vandroy

Herzenswunsch

Beitragvon Inquisitorin Salia Dumon aus Cove » Sa, 16. Jan 2010 18:51

Es war ein schwach windiger Spätsommernachmittag, die Sonne war als rot
glühender Feuerball nur noch zur Hälfte über dem Horizont erkennbar. Salia stand
inmitten unzähliger Grabsteine, die bereits mit Moos und Flechten übersät waren. In
ihrer Hand hielt sie zwei Sonnenblumen, wie sie zu dieser Jahreszeit überall auf den
Feldern zu sehen waren. Sie hatte den Kopf nach unten geneigt, ihre Augen waren
geschlossen. Die Blätter der umgebenden Weiden raschelten leise, als Salia die
Augen öffnete, je eine Blume auf zwei Gräber legte und sich umwandte.

Ein wenig zuckte sie zusammen ob des Anblicks ihres Vaters, der, den Kopf in die
Hände gestützt, sie aus astralfarbenen Augen ansah. „An einem so schönen
Sommerabend solltest du deine Zeit nicht auf dem Friedhof verbringen.“, sagte er
langsam und seine Worte hallten leise in Salias Kopf wider. „Es gibt kaum einen Ort,
an dem ich lieber wäre, wenn nicht hier, an dem Ort, an dem ich meinen Brüdern am
nahsten bin.“, ihre Stimme war nur ein Flüstern. „Was ist dein größter Wunsch, mein
Kind?“ fragte Jergal, der Gott der Toten, seine Tochter. Der Wind verfing sich in
Salias Haaren und bis auf das leise Zirpen einer Grille im Sonnenuntergang war kein
Geräusch zu vernehmen.

Die junge Schützin starrte ihren Vater an, bis sie letztlich den Kopf senkte und ein
bitteres Lächeln auf ihren Lippen erschien. „Meinen größen Wunsch…könnt nicht
einmal ihr erfüllen.“ und mit keinem weiteren Wort ging sie an der in Schwarz
verhüllten Gestalt mit den knochigen Fingern vorbei und verließ den Friedhof. In
ihrem Haus herrschte ebenso Stille, die letzten Sonnenstrahlen tauchten die Veranda
in ein wohlig warmes Licht, zahlreiche Staubkörner tanzten im den hellen Strahlen
und langsam kroch die Kälte der herannahenden Nacht über den Boden.

Salia stand auf der Veranda, an einen Pfosten gelehnt, und blickte in den Himmel.
Das Chaos in ihrem Kopf formte sich zu bruchstückhaften Gedanken, Gedanken
formten sich zu Worten. „Ach William…es ist so schwer ohne dich. Als du gestorben
bist…starb auch ein Teil von mit. Was soll ich bloss machen? In dieser einsamen
Welt…“, der Wind strich durch Salias feuerrote Haare, in ihren Augenwinkeln
glitzerten Tränen. „Ich wünschte, ich könnte nur noch ein letztes Mal deine Nähe,
deine Wärme spüren…“, eine Träne rann lautlos über Salias Wange, als sie ihren
Herzenswunsch aussprach.

Sie bemerkte nicht die Anwesenheit desjenigen, dem ihre Sehnsucht galt. William
stand hinter der Veranda und sah Salia an. Auch aus der Zwischenwelt hörte er
jedes ihrer Worte. Er spürte all ihre Verzweiflung, ihre Einsamkeit, ihr Verlangen…
doch konnte er nichts tun. Seine Seele war aus der irdischen Welt gebannt, auf ewig
dazu bestimmt, ein Geist zu bleiben. Auch er kämpfte mit den Tränen, als er sich
umwandte, um als nebelhafte Gestalt im Wald zu verschwinden. Salia zog den roten
Umhang enger um sich, als könne sie damit das Zittern ihres Körpers lindern. Doch
nicht die Kälte ließ sie frösteln, sondern ihre Verzweiflung.
Benutzeravatar
Inquisitorin Salia Dumon aus Cove
 
Beiträge: 2618
Registriert: So, 13. Mär 2005 17:10
Wohnort: Cove

Zurück zu Geschichten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste

cron