Wie sie ist

Manche Spieler haben eine interessante Herkunft und haben diese in einer eigenen Geschichte festgehalten

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Wie sie ist

Beitragvon Inquisitorin Salia Dumon aus Cove » Di, 08. Jan 2008 20:10

Auch einem Gott kann sein „Job“ einmal langweilig werden...So saß Jergal, Gott der Toten und Herrscher der Unterwelt, mit halb geschlossenen Augen auf einer Knochenbank und starrte den tiefschwarzen Boden, das Nichts, emotionslos an. Nicht einmal seine Wimpern zuckten. In der Dunkelheit waren seine astralfarbigen Augen, die heute ein tristes Grau zeigten, kaum auszumachen. Doch plötzlich umspielte ein mildes Lächeln seine Mundwinkel, kam ihm doch ein Gedanke, wie er seine Zeit besser nutzen könnte. Er überließ das Seelenfangen heute seinen Schergen und beschloss, sich wieder einmal unter die Menschen zu mischen – vermutlich um später erneut zu dem Schluss zu kommen, dass diese Wesen vollkommen unverständlich handeln, gehen sie doch so sorglos und verschwenderisch mit ihrem höchstem Gut, dem Leben, um.

Schnell fand er den perfekten Ort: eine kleine Taverne inmitten eines kleinen Dörfchens am Rande einer verschneiten Hochebene. Mit zahleichen Menschen, Elfen, Zwergen und auch einigen anderen, absonderlichen Wesen, war sie gefüllt – und nun auch mit einem Halbgott. Jergal setzte sich an einen kleinen Tisch in der Ecke der Taverne, nahe des Kamins, zu drei Männern, die grade in ein Gespräch vertieft waren. Einer der Männer, ein hochgewachsener Hüne mit breitem Kreuz begann grade damit, seinen Sohn über alle Maßen zu loben. „Er ist so ein tapferer Krieger, er besiegt alle mit nur einem Axthieb!“ die Zuhörer rissen ihre Augen vor Erstaunen weit auf, bis auf Jergal, den diese Lobpreisung nicht im geringsten beeindruckte. Er lächelte immer freundlich und lauschte den beinahe zu fantastischen Geschichten der drei Männer.

Als nächstes sprach ein etwas jüngerer Elf über seinen Sprössling, einen hochbegabten Magier, der es vermochte, die Elemente zu beschwören und zu formen, wie er wollte. Nach ein paar weiteren „AHH“s und „OOOHH“s begann sich die Taverne langsam zu leeren, so auch Jergals Gesprächspartner, zumindest Zweie von ihnen. Nur einer der Männer saß dem Totengott noch gegenüber, ein etwas ältere hagerer Mann mit grünen Haaren und einem weiten braunen Reiseumhang, den er eng um seine Schultern geschlungen hatte. Die grünen Augen seines Gegenübers ruhten auf Jergal und er fragte voller Neugier: „Nun sagt mir Fremder, habt ihr Kinder?“ Jergal selbst, komplett in weite schwarze Sachen gehüllt, die seine knochige Gestalt verdecken sollten, begann zu lächeln. „Ja, das habe ich. Eine Tochter, Salia.“

„Und wie ist sie, eure Tochter?“ fragte der schlanke Mann, der Jergal stark an einen Druiden erinnerte. „Nun, sie ist sehr stark und tapfer, eine richtige Kämpferin. Aber sie ist auch sehr dickköpfig, setzt sie sich erst mal etwas in den Kopf, ist sie kaum davon abzubringen.“ Jergal musste lachen und wie ein Blitzschlag wurde ihm bewusst, dass Salia ihm sehr wichtig war – vielleicht wichtiger als er sich selbst hätte eingestanden. Zu seinem Überraschen runzelte Jergals Gesprächspartner unverständlich die Stirn. „Ich fragte euch, wie sie ist, eure Tochter“ sagte er, diesmal etwas ernster. „Aber..das erklärte ich euch gerade.“ erwiderte Jergal verwirrt. Der in braun gekleidete schmale Mann sagte jedoch: „Ich wollte keine plumpen Wörter der Eigenschaften hören. Einen Menschen kann man nicht durch bloße Worte beschreiben, Worte sind vergesslich, vergänglich. Letztlich sind es doch die Taten, die einen Menschen ausmachen...“ Der Totengott schmunzelte, jetzt verstand er. Sein Blick fiel nach draußen, auf die Schneeebene, die im Licht der untergehenden Sonne in einem Blutrot schimmerte. Dicke Schneeflocken tanzten vor dem Fenster, fast schwerelos. „Dann will ich euch erzählen, wie sie ist, meine kleine Salia...“ und er erzählte folgende Geschichte:

Es war ein schneeverwehter Nachmittag, die Dämmerung nahte unbemerkt, war es doch eh ein trister, kalter Tag gewesen. Zentimeterdicke Schneeschichten bedeckten die Äste und ließen den Wald fast märchenhaft wirken. Dieses ruhige, verlassene Bild wurde nur durch leises Weinen gestört, dass die Stille zerriss. Ein kleines Mädchen, in dicke warme Sachen gekleidet, saß am Rande des Waldes und schluchzte kläglich. Vor ihr saß ein kleiner Hase, schneeweiß bis auf seine Hinterläufe, die von purpurroten Blut überströmt waren. Es geriet in eine Bärenfalle, aus der es allein keinen Ausweg fand. Auch dem Mädchen, das so bitterlich um das Häschen weinte, wollte es nicht gelingen. Seine Handschuhe waren schon zerissen, so sehr bemühte es sich, das Tier aus dieser misslichen Lage zu befreien.
Schwere Schritte wurden lauter und hinter dem kleinen Mädchen tauchte eine stattliche Kriegerin auf, die ihres Weges kam. Durch das dichte Schneetreiben hindurch fand sie die Unglückliche und hockte sich zu ihr. Sie fragte das Mädchen, was der Grund für dessen Trauer war und das Mädchen erzählte von dem kleinen Schneehasen. Die Kriegerin war sehr stark, ihr gelang es fast mühelos, die Falle zu öffnen. Aber die Freude darüber war nur von kurzer Dauer: der kleine Hase war so arg verletzt, dass das Blut nicht aufhören wollte zu strömen.
Die Kriegerin hatte Mitleid und erklärte dem Mädchen, dass es vielleicht besser sei, das Tier von seinem Leid zu erlösen. Doch das Mädchen wehrte sich vehement dagegen, denn sie wollte den Hasen nicht dem Tode überlassen. Die junge Kriegerin sagte mit sanfter Stimme: „Du musst keine Angst haben, das kleine Häschen wird es danach besser haben, da bin ich mir sicher. Seine Seele gelangt an einen sicheren Ort, wo es keine Schmerzen mehr hat.“ Das Kind setzte sich schützend vor den Hasen, bedeckte ihn mit seinen Händen und schluchzte nur noch lauter. Die junge Frau legte ihren Bogen beiseite, stand auf und wand sich zum Gehen um. Sie lächelte das Mädchen an und sagte: „Nun gut, du bist wohl nicht davon abzubringen. Dann pass gut auf das kleine Wesen auf und sorge dafür, dass es überlebt. Es wird dir sicher ein treuer Gefährte werden.“ Und so ging sie weiter ihres Weges, die starke Kriegerin, und ließ das Kind allein zurück.
Seinen Schal um das zitternde Tier gewickelt trug das kleine Mädchen ganz allein den Hasen bis zu seinem Haus, die dichten Schneewehen und starken Windböen konnten es nicht davon abbringen.


Jergal endete und schaute seinem Gegenüber tief in die Augen. Dieser lächelte und stand, ohne auch nur ein Wort zu verlieren, auf und verließ die Taverne. Beide Männer standen nun in der stillen Gasse und lauschten dem Fallen der Schneeflocken. „So ist sie also...deine Salia. Mehr wollte ich nicht wissen.“ sagt der grünhaarige Mann und während er sprach verblasste sein Körper. Übrig blieben nur unzählige Laubblätter, grüne und braune. Jergal schaute verblüfft an die Stelle, wo der hagere Mann noch Augenblicke zuvor stand. Ein Lächeln überkam ihn...diesmal war nicht er es, der die Menschen hinters Licht führte, sondern er selber wurde von der Macht eines anderen Gottes hereingelegt. Silvanus, der Gott der Natur spielte sein Spielchen mit ihm, seine Macht verbarg er vor dem ihm niederen Gott, sodass Jergal nicht erkannte, wer er war.

Der Totengott rieb sich die knochigen kalten Hände, stellte den Kragen seines langen Mantels auf, ganz gleich dass er keine Kälte empfand. Langsam verließ er die Stadt, noch immer lächelnd über die eben geschehenen Ereignisse. Eine Schneeflocke landete auf seiner Nasenspitze und mit einem fast wohlig warmen Gefühl in sich dachte er: So ist sie, meine kleine Salia...wer hätte je gedacht, dass aus solch einer kleinen Heulsuse mal eine so tapfere Kämpferin werden könnte...?


Edit: jetzt nochmal die hübschere Forumsversion
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Inquisitorin Salia Dumon aus Cove
 
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