Steckbrief | Name: Njord Althjof aus Vesper Beruf: Dieb Nebenbeschäftigung: Holzfäller |
Der Wind fuhr leise durch das Gras. Die Sonne hatte schon längst den Zenit überwunden. Wärme erfüllte das Land. Im Norden war ein leichter Glanz aus dem nahen Wäldchen zu vernehmen. Der Glanz wich bald einem Strahlen. Aufgeschreckte Vögel flatterten in die Höhe. Es wurde still. Der Wind hielt mit seinem Spiel in den Gräsern inne. Stille. Doch ein leises Grollen widersetzte sich der Ruhe. Es wurde stärker. Die Erde begann leicht zu zittern. Immer mehr. Das Zittern wandelte sich in ein Beben. Eine Staubwolke näherte sich unaufhaltsam aus Richtung Wald. Zwischendrin wieder dieser Glanz. Langsam konnte man mehr erkennen. Eine ganze Schar Recken stürmte vor. Hunderte in prunkvollsten Rüstungen, in denen sich die Sonne spiegelte. Sie schienen einem riesigen hölzernen Bollwerk entgegenzustreben. Kampfgeschrei ertönte. Augenblicke später verdunkelte sich der Himmel. Schier unendlich viele Pfeile ließen kaum einen Sonnenstrahl auf die Erde treffen. Ihr Ursprung war die Ork-Bastion. Ihr Ziel die Ritter. Ein Reiter stürzte getroffen vom Pferd, ein weiterer. Und noch einer. Die ersten Verluste schwächten die Angreifer. Doch es sollten nicht die letzten sein. Kaum die Festung erreicht, war schon das Klingen von Metall zu vernehmen. Eine mörderische Schlacht entbrannte. Der Boden färbte sich rot. Der Himmel bewölkte sich zusehends. Es schien so, als wolle er weinen. Das Bild verschwamm… Ich öffnete meine Augen. Ein Regentropfen rann meine Schläfe hinab. Langsam versuchte ich, den Schlaf abzustreifen. Welch seltsamer Traum. Er war so klar, so erschreckend vertraut. Woher kamen diese Bilder? Konnte es sein, daß die alten Legenden von längst vergangen Leben doch wahr waren? Ich konnte mich nicht weiter dieser Phantasie hingeben. Ein Schauer setzte ein. Der passende Zeitpunkt, mein Nachtlager zu verlassen. Wenn man ein paar zusammengeschobene Strohballen in einer kleinen Gasse von Vesper überhaupt so nennen kann. Ich war nie reich. Konnte kaum die hohen Preise zahlen, die der dicke Wirt für ein stinkendes Zimmer in seiner Spielunke haben wollte. Es reichte gerade einmal dazu, mir ein Brot am Tag zu kaufen und einen Krug Wasser. Das Holz, welches ich hackte, reichte mehr schlecht als recht zum Überleben. Die Käufer wurden immer geiziger, versuchten einen meistens übers Ohr zu hauen. Und der Regen dazu… nasses Holz verkauft sich nicht sehr gut. Ich nahm mein Beil, welches mir meine Eltern zum Abschied mitgaben. Sie konnten mich nicht länger bei sich behalten. Dazu waren sie zu arm. Sie hatten selbst genug Sorgen, auch ohne mich. Ihre Hoffnung lag darin, mich in die Welt hinausziehen zu lassen, um mir ein besseres Leben aufzubauen. Bis dahin war es aber wohl noch ein sehr langer Weg. Das Beil geschultert, machte ich mich auf den Weg in den Wald. Aber bei diesem Wetter verflog meine Motivation sehr schnell. Ich kramte in der Tasche. Zum Vorschein kamen ein paar Münzen, die ich am vorherigen Tag auf dem Markt für mein Holz bekommen hab. Es reichte für ein kleines Frühstück. Zielstrebig führte mich mein Weg zum nächsten Krämer. Als er sah, wie durchnäßt ich seinen Laden betrat, schien ihn das Mitleid zu packen. Er bot mir ein Brot und einen Becher warme Milch an. Ich nahm es dankend entgegen und wir begannen, ein wenig zu plaudern. Nach einer Weile setzte sich ein junges Mädchen zu uns. Es war die Nichte des Krämers. Sie erzählte, daß an jenem Tag in der Nähe ein großes Ritterturnier stattfinden sollte. Viele Leute waren angereist; die Wirte hatten alle Hände voll zu tun. Noch nie habe ich solch ein Spektakel erlebt und so ließ ich mich schnell dazu überreden, das Mädchen dorthin zu begleiten. Auf dem Weg zum Turnierplatz riß die Wolkendecke ein wenig auf. Ein paar Sonnenstrahlen zwängten sich hindurch. Es war ein schöner Anblick. Meine Stimmung verbesserte sich zusehends. Am Ziel angekommen, empfing uns ein buntes Treiben. Spielleute, Gaukler, Menschen über Menschen. Ab und zu konnte man einen Blick auf einen stolzen Ritter erhaschen. Die funkelnden Rüstungen faszinierten mich. Plötzlich fiel einem der Ritter ein kleiner Beutel auf den Boden. Er hatte es nicht einmal bemerkt. Meine Begleitung dafür um so mehr. Flink hob sie den Beutel auf und versteckte ihn in ihren Gewändern. Anhand des leisen metallenen Geräusches konnte ich erahnen, daß es sich um den Goldbeutel des Ritters handeln mußt. Ich blieb stumm. Ich wußte, daß es eine harte Zeit für einfache Leute war. Und die Ritter hatten bestimmt mehr als genug zum Leben. Wer sollte da nicht ein wenig neidisch werden? Sie lächelte mich einfach nur an. Als wir weiterliefen, stieß mich ein Mann mit seiner Schulter an. Er grummelte etwas vor sich hin. Aber es war keine Entschuldigung. Er schien sich für etwas besseres zu halten, als für diese Unart um Verzeihung zu bitten. Seiner Kleidung nach zu urteilen, war es ein reicher Kaufmann. In seinen Gürtel waren mehrere prall gefüllte Goldsäckchen eingebunden. Ich konnte mir nicht verkneifen, drauf zu starren. Des Krämers Nichte bemerkte dies. Sie stupste mich an und flüsterte „Versuch es…“. Noch ehe ich mir im Klaren war, was sie damit meinte, sprang sie in Richtung Kaufmann und versuchte ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Sie war sich ihrer Reize bewußt und wandte sie gekonnt an. Kaum ein Mann konnte sich dagegen wehren. Ich begriff nun, auf was sie hinauswollte. Ich näherte mich unbemerkt dem Kaufmann und versuchte, mit meinen ungeschickten Holfällerhänden einen der kleinen Goldbeutel loszumachen. Der Versuch war so laienhaft, daß er schon fast hätte schiefgehen müssen. Aber meine Begleiterin hatte den Kaufmann schon so eingewickelt, daß er scheinbar seine Umwelt nicht mehr wahrnahm. Zum Glück fiel es auch keinem der anderen Turnierbesucher in diesem Gedränge auf. Ich verschwand mit der Beute in den Massen. Kurze Zeit später fand mich das Mädchen wieder. Sie lächelte abermals. Berauscht vom Erfolg beging ich sogleich einen großen Fehler. In der Hoffnung, daß es niemand bemerkte, griff ich nach dem nächst besten Geldbeutel. Doch das wachsame Auge des Magiers war schneller. „Ein Dieb! Haltet ihn!“ Ich stürzte durch die Massen. Jegliches Zurückschauen hätte mein Verhängnis sein können. Ich rannte immer weiter. Erst die Bäume des Waldes gaben mir etwas Ruhe. Ich war entkommen. Die Angst saß noch in den Knochen. Das Herz raste. Aber langsam kehrte Ruhe ein. Die Angst wich einem Gefühl von Triumph. Ich zerrte den Geldbeutel des Kaufmanns aus meiner Tasche und öffnete ihn. Meine Augen strahlten, wie es selbst die schillernste Rüstung nicht vermochte. Soviel Gold hatte ich noch nie in meinen Händen. Es war ein kleines Vermögen. Jetzt wußte ich, wie ich die Hoffnung auf ein besseres Leben endlich Wirklichkeit werden lassen konnte. Auch wenn die Gefahr mir dabei ständig im Nacken sitzt… dieses Gefühl will ich nicht wieder verlieren. |